Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten ehrgeizige Ziele für ihre Corona-Impfkampagnen gesetzt. Bis März sollten mindestens 80 Prozent des Pflegepersonals und der Menschen über 80 Jahren geimpft sein, sagte Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas am Dienstag in Brüssel. Den Mitgliedstaaten schlage Brüssel außerdem vor, „bis Ende des Sommers“ mindestens 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung zu impfen.
Dafür „müssen wir die Versorgung mit Impfstoffen aufstocken“, sagte Schinas weiter. Die EU arbeite mit den Herstellern zusammen, um die Produktionskapazitäten zu maximieren. „Diese Ziele sind erreichbar“, versicherte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Mit den beiden bereits in der EU zugelassenen Mitteln und zwei weiteren Impfstoffkandidaten, die bald genehmigt werden könnten, stehe genug Impfstoff bereit.
Die Impfkampagnen in Europa waren kurz nach Weihnachten nach der Zulassung des Mittels von Biontech und Pfizer angelaufen – wegen Lieferengpässen und logistischer Schwierigkeiten zunächst allerdings nur schleppend. Vergangene Woche sorgten von den beiden Unternehmen angekündigte Lieferausfälle für Europa zusätzlich für Aufsehen.
Anfang Januar war als zweiter Corona-Impfstoff das Serum des US-Konzerns Moderna zugelassen worden und wird nun ebenfalls verabreicht. Das Mittel des schwedisch-britischen Unternehmens Astrazeneca könnte Ende Januar folgen und US-Konzern Johnson & Johnson im Februar eine Zulassung beantragen.
In Deutschland haben bislang unter zwei Prozent der Bevölkerung die erste von zwei Impfstoffdosen erhalten, die für einen vollständigen Schutz nötig sind. Zahlreiche Mitgliedstaaten liegen deutlich dahinter.
Bei der Frage nach einheitlichen Impfzertifikaten als Voraussetzung für Reisen zeigte sich die Gesundheitskommissarin zurückhaltend. Die Kommission arbeite zwar mit den Mitgliedstaaten an einem gemeinsamen Ansatz, sagte Kyriakides. Dabei gehe es aber zunächst um „die richtige medizinische Nachsorge sowie die Überwachung möglicher unerwünschter Wirkungen“. „Eine Verwendung von Impfzertifikaten für andere Zwecke als den Gesundheitsschutz“ sei zwar denkbar, aber noch „verfrüht“.
Angesichts des Aufkommens mutierter Varianten des neuartigen Coronavirus forderte Kyriakides zudem, dass die Mitgliedstaaten „in den kommenden Wochen ihre Teststrategien aktualisieren“. Fünf oder besser zehn Prozent aller positiven Coronatests sollten gentechnisch untersucht werden, um die Verbreitung neuer Virus-Varianten im Blick zu haben. Nach Kommissionsangaben liegt diese Rate in vielen Mitgliedstaaten derzeit bei unter einem Prozent.
Eine aus Großbritannien stammende und offenbar deutlich ansteckendere Virus-Variante war zuletzt auch vielerorts in der EU nachgewiesen worden. Eine weitere, ebenfalls als sehr ansteckend geltende Mutation grassiert außerdem in Südafrika.