Der Bombenanschlag vom Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn bleibt auch mehr als 20 Jahre nach der Tat unaufgeklärt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigte am Donnerstag den Freispruch des Landgerichts Düsseldorf für einen 2018 angeklagten Mann. Das Urteil ist damit rechtskräftig – wer im Juli 2000 an dem Bahnhof eine Bombe deponierte, die zehn Menschen verletzte und ein ungeborenes Kind im Mutterleib tötete, ist weiter offen. (Az. 3 StR 124/20)
Es sei im Prozess deutlich geworden, „wie groß das Leid derjenigen ist, die von einer solchen Tat betroffen waren“, sagte der Vorsitzende Richter des dritten Strafsenats, Jürgen Schäfer, bei der Urteilsverkündung. Doch habe die Prüfung durch den BGH keine Rechtsfehler ergeben. Das Urteil sei hinzunehmen.
Damit geht eine lange Zeit der Ermittlungen und der Rechtsfindung zu Ende. Der Wehrhahn-Anschlag erschütterte die Bundesrepublik zu Beginn des Jahrhunderts und löste eine öffentliche Debatte über rechtsextreme Gewalt aus. Am 27 Juli 2000 explodierte an der Fußgängerbrücke des S-Bahnhofs Wehrhahn eine selbstgebastelte Bombe. Zum Zeitpunkt der Explosion waren dort zwölf Sprachschüler aus verschiedenen osteuropäischen Ländern unterwegs, mehrere von ihnen jüdischen Glaubens. Zehn Sprachschüler wurden verletzt, eine schwangere Frau verlor ihr ungeborenes Kind.
Die Ermittler vermuteten ein rechtsextremes Motiv. Der spätere Angeklagte war früh verdächtig – unter anderem weil er als Neonazi bekannt war, in der Nähe des Tatorts lebte und ein Geschäft für Militaria betrieb. Doch der Verdacht gegen ihn bestätigte sich zunächst nicht. Auch weitere Spuren führten zu nichts. Inzwischen hatte die Tat politische Folgen: Sie war einer der Auslöser für das NPD-Verbotsverfahren, das die damalige rot-grüne Bundesregierung 2001 begann.
Erst 13 Jahre später wurden die Ermittlungen gegen den zuvor schon einmal Verdächtigen wieder aufgenommen. In der Zwischenzeit hatte er wegen einer anderen Sache im Gefängnis gesessen. Ein Mithäftling sagte der Polizei, der Mann habe ihm von dem Bombenanschlag erzählt. Anfang 2018 wurde der heute 54-Jährige in Untersuchungshaft genommen, kurze Zeit später begann der Prozess am Landgericht.
Das Gericht setzte 32 Verhandlungstage an und hörte 78 Zeugen. Am Ende kam es zu dem Schluss, dass die Indizienbeweise nicht ausreichten, um die Täterschaft des Angeklagten zweifelsfrei nachzuweisen. Unmittelbare Beweise gab es nicht, direkte Zeugen der Tat auch nicht. Der Mann wurde freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf legte Revision beim BGH ein. Dieser sollte das Urteil auf Rechtsfehler überprüfen. Doch schon bei der Verhandlung im November deutete sich an, dass der Freispruch vermutlich Bestand haben würde. Die Bundesanwaltschaft, die vor dem BGH anstelle der Staatsanwaltschaft auftritt, schloss sich deren Antrag nicht an.
„Eine Verurteilung kommt nur in Betracht, wenn das Gericht die volle Überzeugung der Schuld gewonnen hat“, betonte der Vorsitzende Richter nun. Blieben Zweifel, scheide ein Schuldspruch aus. Die Revision wurde verworfen.