Deutschlands Wirtschaft ist im Corona-Jahr 2020 massiv eingebrochen – allerdings weniger stark als in der Finanzkrise und auch weniger heftig als andere europäische Volkswirtschaften. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte, schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Einen noch stärkeren Einbruch verhinderten die staatlichen Konsumausgaben und das Baugewerbe.
In der Corona-Krise rutschte die deutsche Wirtschaft nach einer zehnjährigen Wachstumsphase in eine „tiefe Rezession“, wie Albert Braakmann, Leiter der Abteilung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen und Preise des Bundesamtes sagte. Der Ausbruch der Pandemie und der erste Lockdown im Frühjahr führten demnach zu einem „historischen Einbruch“ des BIP im zweiten Quartal 2020 um 9,8 Prozent. Die „kräftige Erholung“ im Sommer sei dann zum Jahresende durch die zweite Corona-Welle und den erneuten Lockdown gebremst worden.
Allerdings fiel der konjunkturelle Einbruch im Gesamtjahr 2020 den vorläufigen Berechnungen des Bundesamtes zufolge geringer aus als im Finanzkrisenjahr 2009. Damals war das BIP um 5,7 Prozent geschrumpft.
Insgesamt summierte sich das Bruttoinlandsprodukt 2020 auf 3,329 Billionen Euro und lag damit 3,5 Prozent unter dem Niveau von 2019. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohnerin und Einwohner ging gegenüber 2019 um 3,6 Prozent zurück auf durchschnittlich 40.033 Euro.
Zugleich schränkten die Statistiker ein, dass aktuell die Schätzung der Entwicklung zum Jahresende 2020 mit größeren Unsicherheiten als üblich behaftet sei. Momentan deuten die Daten demnach darauf hin, dass der zweite Lockdown die Wirtschaft weniger hart getroffen hat als die Einschränkungen zur Pandemie-Bekämpfung im Frühjahr. Für das vierte Quartal wird gegenwärtig von einer Stagnation gegenüber dem Vorquartal ausgegangen; detailliertere Ergebnisse hierzu will das Bundesamt am 29. Januar veröffentlichen.
Im Gesamtjahr habe die Pandemie deutliche Spuren in nahezu allen Wirtschaftsbereichen hinterlassen, erklärten die Statistiker am Donnerstag. Die Produktion war demnach sowohl in den Dienstleistungsbereichen als auch im Produzierenden Gewerbe teilweise massiv eingeschränkt. Die Industrie war vor allem in der ersten Jahreshälfte von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen, unter anderem durch die zeitweise gestörten globalen Lieferketten.
Anders als während der Finanz- und Wirtschaftskrise, als der gesamte Konsum die Wirtschaft stützte, gingen die privaten Konsumausgaben im vergangenen Jahr im Vorjahresvergleich preisbereinigt um 6,0 Prozent zurück – so stark wie noch nie. Zugleich stieg die Sparquote aller privaten Haushalte auf ein historisches Hoch von 16,3 Prozent, das waren 5,4 Prozentpunkte mehr als 2019.
Die Konsumausgaben des Staates wirkten dagegen mit einem preisbereinigten Anstieg von 3,4 Prozent stabilisierend. Die Beschaffung von Schutzausrüstungen und Krankenhausleistungen trug laut Statistik dazu bei.
Ein Bereich, der sich trotz aller Einschränkungen in der Krise behaupten konnte, war zudem das Baugewerbe: Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung nahm hier im Vorjahresvergleich um 1,4 Prozent zu.
Exporte und Importe von Waren und Dienstleistungen gingen 2020 erstmals seit 2009 zurück, wie die Behörde erklärte. Die Exporte schrumpften preisbereinigt um 9,9 Prozent, die Importe um 8,6 Prozent. Überdurchschnittlich sank hierbei der Import von Dienstleistungen, was die Statistiker vor allem auf den stark rückläufigen Reiseverkehr zurückführen.
Das Finanzierungsdefizit des Staates betrug 2020 nach ersten Berechnungen 158,2 Milliarden Euro, nachdem der Staat im Jahr 2019 noch einen Überschuss in Höhe von 52,5 Milliarden Euro erzielt hatte. Gemessen am BIP errechnet sich laut Bundesamt für 2020 so eine Defizitquote von 4,8 Prozent – deutlich mehr als der europäische Referenzwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts von drei Prozent und die Zielgröße für die deutsche Schuldenbremse. Beide Zielgrößen wurden aufgrund der Corona-Pandemie für die Jahre 2020 und 2021 allerdings ausgesetzt.
Im internationalen Vergleich kam die Wirtschaft der Bundesrepublik nach Angaben des Bundesamtes relativ gut durch das Krisenjahr. So wird in der Herbstprognose der EU-Kommission für die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein BIP-Rückgang um 7,4 Prozent im Jahr 2020 angenommen und für die 19 Staaten der Eurozone ein Rückgang von 7,8 Prozent.