Julian Assange: Ein Held oder der gefährlichste Mann der Welt?

Archivbild: Julian Assange (re.) - Bild: Cancillería Ecuador / CC BY-SA
Archivbild: Julian Assange (re.) - Bild: Cancillería Ecuador / CC BY-SA

Seit einem Jahrzehnt polarisiert Julian Assange die Öffentlichkeit: Die einen sehen ihn als furchtlosen Verfechter der Informationsfreiheit, die anderen als den „gefährlichsten Mann der Welt“, der sich der Justiz zu entziehen versucht. Am Montag nun verkündet ein britisches Gericht, ob der 49-Jährige in die USA ausgeliefert und sich dort einem Prozess stellen muss.

Bei seinen letzten Auftritten vor Gericht wirkte Assange sehr verwirrt. Sieben Jahre lang hatte er sich zuvor in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt, um seiner Auslieferung an Schweden und später an die USA zu entgehen. In dieser Zeit bekam er mit seiner Anwältin Stella Morris zwei Söhne. 2019 ließ Ecuador ihn fallen, seitdem sitzt er in einem Hochsicherheitsgefängnis in London.

Wird Assange nach seiner Kindheit gefragt, dann vergleicht er sich mit Mark Twains Kinderbuchhelden, dem abenteuerlustigen Tom Sawyer. Im Gegensatz zu ihm wuchs Assange allerdings nicht bei seiner Tante, sondern bei seiner Mutter auf, die unzählige Male mit ihrem Sohn umzog. Bis zu seinem 15. Lebensjahr lebte Assange in mehr als 30 australischen Orten. 

Später studierte er in Melbourne Mathematik, Physik und Informatik. Mit Begabung und Fleiß wurde Assange zum erfolgreichen Hacker: Unter dem Pseudonym „Mendax“ – dem lateinischen Wort für „lügnerisch“ – hackte er die Internetseiten der Nasa und des Pentagons.

Zum Staatsfeind wurde Assange für Washington durch die Veröffentlichung geheimer US-Dokumente auf der Enthüllungs-Plattform Wikileaks im Jahr 2010. Seitdem fürchtet er, an die USA ausgeliefert zu werden, worüber nun am Montag entschieden wird. Bei einem Prozess in den USA droht dem 49-Jährigen jahrzehntelange Haft.

Gegründet hatte Assange die Plattform nach eigenem Bekunden, um „die Presse zu befreien“ und Fälle von staatlichem Machtmissbrauch aufzudecken. Einer seiner Biographen bezeichnete ihn einmal als „gefährlichsten Mann der Welt“.

Nachdem Schweden 2010 wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleitete, stellte sich Assange der Polizei in Großbritannien. Er kam unter Auflagen wieder frei, beantragte dann allerdings im Juni 2012 Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London.

Sieben Jahre lang lebte Assange in dem Gebäude, bis Ecuador mit Lenín Moreno einen neuen Präsidenten bekam, der den Dauergast in der Londoner Botschaft als „Problem“ ansah. Im April 2019 entzog Ecuador ihm das Asyl und er wurde von der britischen Polizei festgenommen. 

Seitdem sitzt Assange wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen in einem Londoner Gefängnis. Die schwedische Staatsanwaltschaft hat die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn inzwischen fallen gelassen. Die USA aber halten an ihrem Auslieferungsantrag fest. 

Schon bevor die ecuadorianische Regierung sich von ihm abwandte, hatte Assange an Popularität verloren. Viele verurteilten, dass Wikileaks Telegramme aus dem US-Außenministerium in ungeschwärzter Form geleakt hatte. Sie kritisierten, dieses Vorgehen könne Informanten in Gefahr bringen.

Besonders stark schadete dem 49-Jährigen dann die Entscheidung von Wikileaks, im entscheidenden Moment des US-Präsidentschaftswahlkampfes im Jahr 2016 zehntausende E-Mails aus der Demokratischen Partei zu veröffentlichen. Viele von ihnen stammten aus dem Wahlkampfteam von Hillary Clinton. „Ich liebe Wikileaks“, verkündete daraufhin der spätere republikanische Wahlsieger Donald Trump. 

Allerdings hat Assange seit Beginn seiner Haft in London auch neue Fürsprecher gefunden. Im Februar forderten mehr als 130 Politiker, Künstler und Medienschaffende seine Freilassung – darunter auch Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). Unabhängig von den Vorwürfen gegen den Wikileaks-Gründer wurden immer wieder dessen Haftbedingungen angeprangert. Der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer sprach von „psychologischer Folter“.

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