In der EU steht ein zweiter Corona-Impfstoff kurz vor der Zulassung. Die europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit Sitz in Amsterdam gab am Mittwoch grünes Licht für die Anwendung des Vakzins des US-Konzerns Moderna. Die EU-Kommission kann nun formell die Zulassung erteilen und will dies schnell tun. Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird dies den aktuellen Engpass bei den Impfstofflieferungen hierzulande allerdings kaum verringern.
Sie empfehle eine bedingte Zulassung des Moderna-Mittels „zur Prävention von COVID-19 bei Menschen ab 18 Jahren“, erklärte die EMA. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte dies postwendend: „Jetzt arbeiten wir mit Hochdruck daran, (den Impfstoff) zu genehmigen und in der EU verfügbar zu machen.“ Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides versprach, die Zulassung durch die EU-Kommission werde „bald folgen“.
Kurz vor Weihnachten hatte die EMA mit dem Mittel des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer erstmals grünes Licht für die Anwendung eines Impfstoffs gegen das neuartige Coronavirus gegeben. Die Kommission formalisierte daraufhin dessen bedingte Zulassung innerhalb weniger Stunden.
Kurz nach den Feiertagen starteten in den EU-Ländern die ersten Impfungen. Vielerorts liefen diese wegen Produktionsengpässen und logistischer Schwierigkeiten aber nur schleppend an. Am Mittwoch begannen die Niederlande als letzter EU-Staat damit, den Biontech/Pfizer-Wirkstoff zu verabreichen.
Auf dem Mittel von Moderna liegen große Hoffnungen. Das Serum weist in klinischen Studien einen ähnlichen Grad der Wirksamkeit auf wie das von Biontech und Pfizer, hat aber den logistischen Vorteil, dass es bei einer Temperatur von minus 20 Grad statt minus 70 Grad gelagert werden kann. In den USA, Kanada und anderen Ländern wird der Moderna-Impfstoff bereits verabreicht.
Laut Gesundheitsminister Spahn sind nun ab kommender Woche erste Lieferungen zu erwarten. Im ersten Quartal kann Deutschland demnach aber nur mit zwei Millionen Dosen rechnen. Als Grund für die begrenzte Menge nannte Spahn Engpässe zum Beginn der Produktion.
Die EU hat vergleichsweise wenig Impfstoff bei Moderna bestellt. Wie mit fünf anderen Herstellern hatte Brüssel bereits im Herbst eine Vereinbarung mit dem US-Konzern geschlossen. Demnach stehen den 27 EU-Staaten bei Zulassung zunächst 80 Millionen Impfstoffdosen zu. Zudem hat die Kommission eine im Liefervertrag vereinbarte Option für 80 Millionen weitere Dosen bereits aktiviert. Für einen umfassenden Schutz sind zwei Impfdosen nötig.
Spahn ging davon aus, dass Deutschland im laufenden Jahr mit 50 Millionen Dosen des Moderna-Präparats einen erheblichen Anteil der für die EU reservierten Dosen erhalten werde. Dies liegt laut Gesundheitsministerium daran, dass andere EU-Staaten die ihnen zustehenden Optionen nicht ausschöpfen.
Bei Biontech und Pfizer hatte Brüssel zunächst bis zu 300 Millionen Dosen bestellt. Derzeit laufen Verhandlungen, um diese Menge aufzustocken. Bei dem britisch-schwedischen Hersteller Astrazeneca, dem Tübinger Unternehmen Curevac, dem US-Konzern Johnson & Johnson und dem französischen Pharmariesen Sanofi bestellte Brüssel jeweils bis zu 300 Millionen Dosen oder mehr. Keines dieser vier Impfmittel steht derzeit kurz davor, eine EU-Zulassung zu erhalten.
Nach versehentlich von einer belgischen Regierungsvertreterin veröffentlichten Informationen ist das Moderna-Mittel mit 18 Dollar (14,66 Euro) pro Dosis am teuersten. Der Impfstoff von Biontech und Pfizer liegt demnach bei zwölf Euro pro Dosis. Das in Großbritannien bereits zugelassene Mittel von Astrazeneca schlägt mit nur rund zwei Euro pro Dosis zu Buche. Unter Verweis auf vertraglich vereinbarte Vertraulichkeit hat die EU-Kommission diese Informationen nicht publik gemacht.