Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will nach der Zulassung des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca die Impfverordnung überarbeiten. „Die Grundreihenfolge bleibt, aber wir gehen sie zusätzlich altersgestaffelt an“, sagte Spahn am Samstag bei einer Diskussionsveranstaltung mit Experten und Pflegekräften in Berlin. Er rechnet für Februar mit fünf Millionen weiteren Dosen aller drei bisherigen Hersteller.
Spahn verwies auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts, das am Freitag von der Europäischen Kommission zugelassene Präparat von AstraZeneca nur an Menschen bis 64 Jahren abzugeben. Der Minister erläuterte, es gebe auch in der ersten Impfgruppe Menschen aus dieser Altersspanne, etwa beim medizinischen Personal oder den Beschäftigten in der Pflege. Wenn diese geimpft seien, gebe es die 18- bis 64-Jährigen der nächsten Gruppe.
Zu den Lieferungen der Impfstoffe sagte er, bis zum 22. Februar hätten die Firmen die Lieferung von insgesamt fünf Millionen Dosen mit Lieferdaten angekündigt. Bislang seien 3,5 Millionen Dosen ausgeliefert worden, mehr als zwei Millionen davon seien bereits verimpft worden. Er rechne noch bis zu drei Monate mit der Notwendigkeit einer starken Priorisierung bei den Impfungen, fügte Spahn hinzu. „Wir werden irgendwann darüber reden, wie wir die Menschen zum Impfen bringen.“
Es bleibe weiterhin das Ziel der Bundesregierung, dass jeder aus der höchsten Risikogruppe der über 80-Jährigen bis Ende März geimpft sei, fügte Spahn in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ hinzu.
Die Empfehlung der Stiko verteidigte deren Chef Thomas Mertens bei der Diskussion. Für eine Beurteilung der Wirksamkeit des Präparats bei den Älteren gebe es noch nicht genügend Daten. Die Beschränkung auf die Jüngeren sei „kein Qualitätsurteil über den Impfstoff“. Mertens warnte indes vor einer „willkürlichen Änderung“ bei der Impf-Reihenfolge, die nicht durch wissenschaftliche Daten begründbar sei. Dies könne dann „endlose Diskussionen“ über Gerechtigkeit zur Folge haben.
Spahn erörterte nach eigenen Angaben am Samstag mit seinen Kollegen aus den Ländern die Schwierigkeiten bei den Impfungen. Es gebe großen Abstimmungsbedarf, und zwar innerhalb der Bundesrepublik als auch auf europäischer Ebene, sagte Spahn weiter. Am Montag wollen Bund und Länder auf einem Impfgipfel über die Probleme beraten.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte den Bund auf, verlässliche Lieferangaben für Impfstoffe zu machen. „Die Menschen brauchen Klarheit, wann sie geimpft werden können, und die Länder brauchen Planungssicherheit durch verlässliche Lieferangaben des Bundes, um Impftermine anbieten zu können“, sagte Dreyer der „Rheinischen Post“ vom Samstag.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte Aufklärung darüber, ob die Europäische Union die Impfstoffe zu spät bestellt hat. „Diese Frage ist aus meiner Sicht noch nicht zweifelsfrei geklärt“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) wandte sich gegen Zwangslizenzen oder die Weitergabe der bisherigen Lizenzen. Mit einer Auslizenzierung zu anderen Herstellern würde es ungeachtet der rechtlichen Implikationen mindestens zwölf Monate dauern, „bis aus dieser Fertigung Impfstoff zur Verfügung steht“, sagte Verbandschef Hans-Georg Feldmeier der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.