Kläger-Anwalt nennt Urteil zum Luftangriff in Kundus enttäuschend

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Der Berliner Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck hat die Entlastung Deutschlands im Verfahren um den verheerenden Nato-Luftangriff in Kundus 2009 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als enttäuschend bezeichnet. Das Urteil enthalte dennoch „einige bemerkenswerte Aspekte“, sagte Kaleck, der in dem Straßburger Verfahren den afghanischen Kläger Abdul Hanan vertreten hatte, am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. So sei klargestellt worden, dass die Europäische Menschenrechtskonvention in ähnlichen Fällen anwendbar sei.

„Das Urteil bringt Licht und Schatten“, sagte Kaleck, der auch Generalsekretär des in Berlin ansässigen European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ist. Einerseits sei klar, dass es für Hanan und andere Dorfbewohner, die bei dem vom deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Luftangriff Angehörige verloren hatten, enttäuschend sei, dass der EGMR keine Rüge ausgesprochen habe und somit kein strafrechtliches Verfahren mehr in Gang komme. 

Auf der anderen Seite sei das Urteil aber international von Bedeutung. Dass die Europäische Menschenrechtskonvention in Fällen wie dem Kundus-Angriff anzuwenden sei, bedeute für Entscheidungsträger militärischer Aktionen, dass sie sich „auch nachher juristisch zu verantworten haben“, betonte Kaleck. 

Hintergrund des von Klein veranlassten Nato-Luftangriffs war die Kaperung zweier Tanklaster durch Taliban-Kämpfer nahe dem deutschen Feldlager in Kundus gewesen. Klein befürchtete nach eigenen Angaben, dass die Fahrzeuge als rollende Bomben gegen das Feldlager eingesetzt werden könnten. Bei dem Angriff starben jedoch auch zahlreiche Zivilisten aus einem nahegelegenen Dorf.

Kaleck hob hervor, dass es nie eine deutsche Entschuldigung für den Luftangriff gegeben habe. Anliegen des Beschwerdeführers sei es gewesen, in seiner „menschlichen Würde anerkannt zu werden“, betonte der Rechtsanwalt. Die beiden Vertreterinnen der Bundesrepublik hätten zwar in der Anhörung des Falls vor der Großen Kammer des EGMR im vergangenen Jahr ihr Bedauern über die zivilen Opfer zum Ausdruck gebracht. „Es wäre aber schön gewesen, wenn das auch direkt an Hanan und andere Dorfbewohner kommuniziert worden wäre“, sagte Kaleck. „Das hätte eine große Wirkung gehabt.“ 

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44940 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt