Die Militärjunta in Myanmar hat den Druck auf die bisherige De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi verstärkt und eine weitere Anklage gegen die 75-Jährige erheben lassen. Der unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin werde nun auch ein Verstoß gegen das „Gesetz zum Management von Naturkatastrophen“ vorgeworfen, teilte ihr Anwalt Khin Maung Zaw am Dienstag mit. Die Militärmachthaber blockierten derweil erneut das Internet, die Polizei ging gewaltsam gegen Demonstranten vor.
Nach Angaben des Anwalts von Suu Kyi wurde für den 1. März ein Gerichtstermin angesetzt, der über Video übertragen werden solle. Die entmachtete De-facto-Regierungschefin war nach ihrer Festnahme bereits wegen Verstößen gegen Import-Export-Regeln angeklagt worden, weil bei einer Razzia in ihrem Haus Funkgeräte gefunden wurden.
Der UN-Sondergesandte Tom Andrews hatte der Nachrichtenagentur AFP am Montag gesagt, von der gerichtlichen Anhörung Suu Kyis sei nicht zu erwarten, dass sie fair verlaufen werde. „Es gibt nichts Faires bei der Junta“, sagte Andrews. „Dies ist nur Theater – und natürlich glaubt ihnen keiner.“
Militärsprecher Zaw Min Tun versicherte am Dienstag, Suu Kyi und der ebenfalls entmachtete Präsident Win Myin seien bei „guter Gesundheit“. „Es ist nicht so, dass sie festgenommen wurden, sie bleiben einfach in ihren Häusern“, fügte er hinzu. Er bekräftigte damit, dass Suu Kyi und Win Myin unter Hausarrest stehen.
Ungeachtet internationaler Proteste gegen ihr hartes Vorgehen gegen die Demokratiebewegung blockierten die Militärmachthaber erneut das Internet. Landesweit waren die Menschen in der Nacht zum Dienstag ohne Netzzugang. „Sie haben das Internet abgeschaltet, weil sie böse Dinge tun wollen“, sagte der 44-jährige Win Tun aus der Wirtschaftsmetropole Rangun. „Wir haben die ganze Nacht nicht geschlafen, um zu sehen, was geschieht.“
Es handelte sich bereits um die zweite nächtliche Internetsperre in Folge. Zuvor hatte es in zahlreichen Städten Myanmars erneut Großdemonstrationen gegen den Militärputsch vor zwei Wochen gegeben. Unter anderem in Rangun trotzten die Demonstranten aufrollenden Panzern und Konvois von Streitkräften.
In der zweitgrößten Stadt des Landes, Mandalay, setzte die Polizei am Montag Steinschleudern und Gummigeschosse gegen Demonstranten ein. Mindestens sechs Menschen wurden verletzt. Einem Arzt zufolge reagierten die Demonstranten auf die Gewalt, indem sie Steine auf die Beamten warfen. Journalisten berichteten zudem, dass Sicherheitskräfte auf die Protestierenden einprügelten.
Auch am Dienstag gingen in Mandalay und anderen Städten wieder zahlreiche Menschen auf die Straße. In der Hafenstadt Mawlamyine blockierten Demonstranten Bahngleise, um die Weiterfahrt eines Zuges in Richtung Rangun zu verhindern. Zahlreiche Lokführer schlossen sich den von der Demokratiebewegung ausgerufenen Streiks an, um gegen die Militärführung zu demonstrieren. In Rangun zogen Mönche zur US-Botschaft. 2007 hatten Mönche die „Safran-Revolution“ angeführt, die blutig niedergeschlagen wurde.
Das Militär in Myanmar hatte am 1. Februar die Macht an sich gerissen und Suu Kyi festgenommen und später unter Hausarrest gestellt. Der Putsch beendete eine zehnjährige Phase des demokratischen Wandels in dem südostasiatischen Land. Seit dem Putsch gibt es landesweit massive Proteste gegen die Junta. Nach Aktivistenangaben wurden bereits mehr als 420 Menschen festgenommen.
Den internationalen Protesten gegen den Putsch schloss sich am Dienstag auch der chinesische Botschafter in Myanmar an. Das Vorgehen der Militärs „ist absolut nicht das, was China sehen will“, erklärte Chen Hai auf der Website der Botschaft.