Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Eckpunkte für den Haushalt 2022 und den Entwurf für einen Nachtragshaushalt für 2021 beschlossen. Damit steigt die Neuverschuldung des Bundes für die drei Corona-Jahre seit 2020 auf insgesamt mehr als 450 Milliarden Euro. „Gemeinsam stemmen wir das“, sagte gleichwohl Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), die finanzielle Lage sei besser als zwischenzeitlich befürchtet.
Mit dem von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten Nachtragshaushalt erhöht sich die Neuverschuldung für das laufende Jahr um weitere 60,4 Milliarden Euro auf nun 240,2 Milliarden Euro, davon ein großer Teil wegen Mehrkosten und Mindereinnahmen aufgrund der Corona-Krise. Für 2022 ist eine Nettokreditaufnahme von 81,5 Milliarden Euro vorgesehen. Bereits 2020 waren 130,5 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen worden.
Die hohe Neuverschuldung für 2022 ist erneut nur aufgrund einer Ausnahmeregelung der geltenden Schuldenbremse möglich. Ab 2023 soll laut dem ebenfalls vom Kabinett beschlossenen Finanzplan die Schuldenbremse regulär wieder eingehalten werden. Allerdings muss der Bund dafür vorhandene Rücklagen auflösen, und es gibt noch offene Haushaltslücken für die Jahre 2024 und 2025. Diese bezeichnete Scholz jedoch als „bewältigbar“.
„Mit guter Finanzpolitik halten wir wirksam gegen die Krise“, betonte der Finanzminister. „Wir nehmen die nötigen Mittel in die Hand, um die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Pandemie zu bewältigen.“ Die „erfolgreiche Hilfspolitik“ der Regierung in der Krise werde entschlossen fortgesetzt. Ohne diese Maßnahmen würde der wirtschaftliche Einbruch in Deutschland durch die Pandemie „viel größer und tiefgreifender“ ausfallen.
Da 2020 weniger Kredite benötigt worden seien als zunächst veranschlagt, falle die Nettokreditaufnahme für 2020 und 2021 auch trotz des Nachtragshaushalts niedriger aus als im vergangenen Sommer erwartet, betonte Scholz. Allerdings werde es angesichts anstehender großer Herausforderungen in der kommenden Legislaturperiode „nur mit einem gerechteren und faireren Steuersystem gehen“, deutete der Minister Mehrbelastungen für Gutverdiener an.
Die Haushaltsplanung enthalte aber auch Weichenstellungen „für Wachstum mit Rekordinvestitionen in Klimaschutz und Digitalisierung“, sagte Scholz weiter. Die Investitionen würden zugunsten künftiger Generationen auf dem hohen Niveau von 50 Milliarden Euro jährlich verstetigt. Insgesamt handele es sich um das größte Investitionsprogramm, dass es in Deutschland je gegeben habe.
Mehr Zukunftsinvestitionen verlangte gleichwohl der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. Er warf Scholz vor, nur den Status Quo „müde zu verwalten“, statt „kräftig in die Zukunft zu investieren“. Eine unsoziale Verteilung der Corona-Hilfen kritisierte die Linken-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch. Kritik an den hohen Schulden übte Peter Boehringer (AfD). Bedenken wegen des Umfangs der Kreditaufnahme gibt es auch in Union und FDP.
Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes warf Scholz vor, keine Mittel zur Stabilisierung der Kranken- und Pflegeversicherung eingeplant zu haben. „Damit wird ignoriert, dass allein die gesetzliche Krankenversicherung im kommenden Jahr einen zusätzlichen Finanzbedarf von etwa 16 bis 19 Milliarden Euro haben wird“, hieß es in einer Erklärung. Abhängig von der Pandemie-Entwicklung könne die Summe sogar noch höher ausfallen. Auch die geplante Reform der Pflegeversicherung sei nicht berücksichtigt.
Ein grundlegendes Umsteuern bei der Finanzierung des Gesundheitswesens aufgrund der Pandemie-Erfahrungen verlangte Linken-Parteichefin Janine Wissler.