Das am Freitag von der Parteispitze vorgelegte Wahlprogramm der Grünen stößt auf ein unterschiedliches Echo: Aus der Wirtschaft und der Klima-Bewegung kam Kritik, aus der SPD hingegen Lob. „Das Programm zeigt wenig Licht und viel Schatten“, erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Der Ex-Sprecher von „Fridays for Future“, Jakob Blasel, kritisierte die Vorlage als unzureichend in klimapolitischer Hinsicht.
„Die Grünen wollen eine andere Gesellschaft“, erklärte der BDI. Für ein Wiederanlaufen der Wirtschaft nach der Pandemie benötige Deutschland aber „eine deutlich wachstumsfreundlichere Politik“. Und die von den Grünen verlangte Vermögensteuer „schmälert die Investitionschancen massiv“.
Blasel, der designierter Bundestagskandidat der Grünen ist, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), der im Programmentwurf enthaltene Vorschlag für den CO2-Preis sei viel zu unambitioniert. Die Maßnahmen, die einen CO2-Preis ersetzen sollten, seien „zahnlos“. Blasel forderte, das Programm auf dem Parteitag der Grünen im Juni zu verändern.
Zufrieden mit dem von den Grünen-Chefs Annalena Barbock und Robert Habeck vorgelegten Programmentwurf zeigte sich SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. „Wenn ich mir den Entwurf der Grünen anschaue, dann sehe ich einige programmatische Schnittmengen“, sagte er der „Welt“. Das von den Grünen geforderte Investitionsprogramm, ein Zwölf-Euro-Mindestlohn und Kindergrundsicherung „sind gute Signale für Mehrheiten jenseits der ambitionslosen Union.“
„Wer ökologische und soziale Politik machen will, muss klar benennen, mit wem er sie durchsetzen will“, erklärte Linken-Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte. Wer einen Politikwechsel wolle, „muss die Privatisierer von CDU, CSU und FDP aus der Bundesregierung heraushalten“.
AfD-Chef Jörg Meuthen erklärte wiederum: „Wenn die Grünen Teil der nächsten Bundesregierung werden, geht die Reise für Deutschland ungebremst weiter in Richtung ‚Öko‘-Sozialismus.“
Für den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Pandemie schlagen die Grünen für das laufende Jahrzehnt ein Investitionsprogramm von jährlich 50 Milliarden Euro zusätzlich vor. Beim Klimaschutz geben sie das Ziel aus, bis 2030 statt der bislang angepeilten 55 Prozent an CO2-Reduktion 70 Prozent zu schaffen.
Die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro wollen die Grünen auf 2023 vorziehen. Um die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an die Bürger zurückzugeben, soll die EEG-Umlage gesenkt und ein Energiegeld eingeführt werden, das jeder Bürger erhält. Mit Blick auf das Pariser Klimaschutzabkommen heißt es: „Es ist notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen“.
Die Grünen wollen zudem besonders Gutverdienende stärker besteuern und plädieren für eine Vermögensteuer. Sie soll ab zwei Millionen Euro pro Person gelten und ein Prozent jährlich betragen.