Besser hätte der Auftakt zum Super-Wahljahr für die Grünen kaum laufen können: Der seit 2011 amtierende Ministerpräsident Winfried Kretschmann kann mit dem wohl besten Grünen-Ergebnis, das es je in Bund und Ländern gegeben hat, weiterregieren. Und auch in Rheinland-Pfalz fährt die Landespartei ein passables Ergebnis ein.
Von einem „Superstart ins Superwahljahr“ schwärmt Parteichef Robert Habeck, die Ko-Vorsitzende Annalena Baerbock sieht den seit längerem anhaltenden Aufwärtstrend der Partei gefestigt.
Grünen-Regierungschef Kretschmann hat nun auch noch den Vorteil, dass er seine künftigen Partner wählen kann. Eine Fortsetzung der bisherigen grün-schwarzen Koalition ist in Stuttgart ebenso möglich wie eine Ampelkoalition mit SPD und FDP. Allerdings ließ sich der Ministerpräsident, der 2011 zunächst mit Grün-Rot startete und seit 2016 mit der CDU regiert, am Wahlabend nicht in die Karten schauen, wie es weitergehen soll im „Ländle“.
Und in Mainz kann sich die Partei über leichte Zugewinne freuen, schließlich gilt die dort seit 2016 amtierende Ampelkoalition immer als eine schwierige Konstellation.
Die Auswahl-Möglichkeit in Baden-Württemberg ist nicht nur ein strategischer Vorteil Kretschmanns bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen, die kommt auch den Grünen im Bund gut zupass. Denn die wollen sich für die Zeit nach der Bundestagswahl im September alle Optionen offenhalten und scheuen jegliche Festlegung. So lenken die Ampel-Spekulationen davon ab, dass vielen in der Republik Schwarz-Grün schon ausgemachte Sache zu sein scheint.
Denn die Grünen wissen, dass sie mit vorzeitigen Eheversprechen nicht an die Macht kommen. Stattdessen gilt es, bis zum Wahltag Eigenständigkeit zu demonstrieren. So vermied Baerbock am Wahlabend auch nur die Andeutung einer Empfehlung zur künftigen Regierungsbildung im Südwesten.
Baerbock verwies aber schon darauf, dass „uns die CDU in Baden-Württemberg beim Klimaschutz immer wieder ausgebremst hat“. Doch die Grünen können sich auch noch sehr gut daran erinnern, dass sie es bei den schließlich gescheiterten Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis 2017 mit der FDP auch nicht leichter hatten – gerade in puncto Klimaschutz.
So üben sich die Grünen fürs erste im staatstragenden Auftritt. Der Auftrag laute nun „Weitsicht und Pragmatismus“, konstatierte Habeck. Er sieht sich auch mit in der Verantwortung, nach der Maskenaffäre in der Union für neues Vertrauen in die Politik zu werben.
Schließlich wissen die Grünen ganz genau, dass sie breite Wählerschichten beeindrucken müssen, wenn sie ihr ehrgeiziges Ziel erreichen wollen, die führende Kraft in Deutschland zu werden. Da kommt der Erfolg des bodenständigen Kretschmann der Partei gerade recht. Doch darin liegt auch eine Tücke. Denn der Stuttgarter Regierungschef fährt bei Reizthemen wie dem Umweltschutz oder der Flüchtlingspolitik einen Kurs, mit dem er nicht immer auf Parteilinie liegt.
Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl schart sich die Partei allerdings um ihre Gallionsfigur aus dem Südwesten – schließlich demonstriert er wie kein anderer in der Partei, wie man Wahlen gewinnt.