Auch im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen weiter gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, wuchs die Zahl der genehmigten Wohnungen auf rund 368.000 – das waren 2,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Wohnungswirtschaft mahnte indes, um das bezahlbare Wohnen in Deutschland wirklich voranzubringen, sei ein noch stärkerer und dauerhafter Schub bei den Baugenehmigungen notwendig.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes befindet sich die Zahl genehmigter Wohnungen im Zeitvergleich auf einem hohen Niveau. Mehr genehmigte Wohnungen als im Jahr 2020 gab es demnach seit der Jahrtausendwende nur 2016 mit gut 375.000. In den Zahlen sind dabei sowohl die Baugenehmigungen für neue Gebäude als auch für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden enthalten. In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden 2020 demnach rund 320.000 Wohnungen genehmigt – ein Plus von 2,9 Prozent.
Dies sei insbesondere auf die Entwicklung bei den Zweifamilienhäusern zurückzuführen, erklärten die Statistiker. Hier wurden 4400 Wohnungen oder 20,5 Prozent mehr als im Vorjahr genehmigt. Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser stieg um 2,4 Prozent und die für Mehrfamilienhäuser um 0,4 Prozent. Mehrfamilienhäuser stehen mit insgesamt rund 189.000 Genehmigungen indes für den Großteil der genehmigten Wohnungen.
Die Zahl der Baugenehmigungen gilt als wichtiger Frühindikator zur Einschätzung der zukünftigen Bauaktivität. Die tatsächliche Entwicklung der Bautätigkeit im Jahr 2020 soll laut Bundesamt voraussichtlich Mitte des Jahres veröffentlicht werden.
Die Bundesregierung hatte im Februar eine überwiegend positive Zwischenbilanz ihrer im September 2018 vereinbarten Wohnraumoffensive gezogen. Das Ziel, 1,5 Millionen Wohnungen in dieser Legislaturperiode zu bauen, sei „nicht außer Reichweite“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesagt. Dafür müssten 375.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen. Bauwirtschaft und Mietervertreter dagegen äußerten Kritik – sie warfen der Regierung Versäumnisse bei der Wohnungsbauförderung und bei der Sicherung bezahlbaren Wohnens vor.
Die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes kommentierte der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) mit den Worten, dass der „geringe Anstieg“ bei den Baugenehmigungszahlen nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass insbesondere in den Ballungsgebieten weiterer Neubau nötig sei. „Baugenehmigungen müssen vor allem dort schnell erteilt werden, wo bezahlbarer Wohnraum dringend gebraucht wird, und das sind die Metropolen“, forderte BFW-Präsident Andreas Ibel und verwies auf die rückläufige Zahl der Baugenehmigungen in Berlin und gesunkene Fertigstellungszahlen für 2020 in Hamburg.
Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, erklärte, dass die Dynamik bei den Baugenehmigungen in Zeiten der Corona-Krise nachgelassen habe. Im Jahr 2019 habe der Anstieg gegenüber dem Vorjahr noch bei vier Prozent gelegen. „Gerade das letzte Jahr hat uns schmerzlich spüren lassen, dass wir mit Verfahren aus dem Postkutschenzeitalter bei Baugenehmigungsverfahren, aber auch bei Planungs- und Vergabeverfahren völlig aus der Spur gekommen sind“, kritisierte er. „Wir müssen digitalisieren, beschleunigen und effizienter werden.“