Der QR-Code für Geimpfte spaltet die USA – Debatte über Corona-Impfausweise nimmt an Fahrt auf

QR-Code - Bild: jdcphotos via Twenty20
QR-Code - Bild: jdcphotos via Twenty20

Caroline Baron ist ganz begeistert von ihrem Corona-Impfausweis. „Ich bin stolz, geimpft zu sein, und ich bin froh, es zeigen zu können“, sagt die New Yorkerin bei einem Konzertbesuch. „Es wird die Dinge einfacher machen, gerade bei solchen Sachen“, fügt die Filmmacherin mit Blick auf ihre erste Kulturveranstaltung seit mehr als einem Jahr hinzu.

Der Bundesstaat New York hat als erster und bislang einziger US-Bundesstaat einen digitalen Pass mit QR-Code eingeführt, der als Nachweis für eine Corona-Impfung oder einen negativen Test dient. Solche Impfausweise sind auch in der EU geplant, insbesondere für Reisen. Israel hat bereits einen sogenannten grünen Pass, der Geimpften beispielsweise Zutritt zu Cafés und Restaurants verschafft.

Auch in den USA, wo die Impfkampagne mit atemberaubendem Tempo vorankommt, wird zunehmend über solche Bescheinigungen diskutiert. Sie gelten vielen als bester Weg für eine rasche und zugleich sichere Rückkehr zur Normalität. Doch Impfausweise sind höchst umstritten – und manche befürchten gar einen neuen Kulturkampf wie beim Tragen von Schutzmasken.

Republikanische Gouverneure wie Ron DeSantis in Florida und Greg Abbott in Texas haben Behörden und Unternehmen bereits untersagt, einen Impfnachweis auszustellen oder zu verlangen. DeSantis spricht von einer drohenden Gefahr für die Freiheitsrechte und Privatsphäre der Bürger. South Dakotas konservative Gouverneurin Kristi Noem bezeichnete Impfausweise gar als „eine der un-amerikanischsten Ideen in der Geschichte unserer Nation“.

Präsident Joe Biden ist sichtlich bemüht, sich aus der Debatte herauszuhalten. Seine Sprecherin Jen Psaki stellte diese Woche klar, dass es einen einheitlichen Impfausweis auf Bundesebene nicht geben wird. Die Privatwirtschaft könne solche Ideen aber vorantreiben – etwa, damit Menschen wieder sicher in Sportstadien und Kinos gehen könnten. Das Weiße Haus will lediglich Richtlinien vorlegen, um den Schutz der Privatsphäre sicherzustellen und „unfaire“ Praktiken oder „Diskriminierung“ zu verhindern.

Denn Impfausweise werfen viele Fragen auf. Kann von jemandem ein Impfnachweis verlangt werden, wenn es doch gar keine Impfpflicht gibt? Dürfen Geimpfte gegenüber Nicht-Geimpften bevorzugt werden? Was ist mit Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können? Und wie steht es mit dem Datenschutz?

Impfpässe, konstatiert die „New York Times“, könnten ein „Fahrschein zur Freiheit für Millionen geimpfte Menschen weltweit“ werden, würden aber auch „gewaltige ethische Fragen aufwerfen“.

Trotz der Bedenken und Widerstände arbeiten in den USA, dem Land mit den meisten Corona-Toten weltweit, bereits zahlreiche Unternehmen und Initiativen an Impfpässen. Der Ausweis des auf die digitale Verknüpfung von Gesundheitsdaten spezialisierten Commons Project wird nach Angaben seines Leiters Paul Meyer schon von einem Dutzend internationaler Fluggesellschaften genutzt. Gespräche gebe es auch mit der Europäischen Union. 

Meyer beklagt, dass Impfausweise in den USA „politisiert“ würden. Er bezeichnet die Bescheinigungen als Chance auf „Freiheit zur Rückkehr zu einem normalen Leben“ – und „Freiheit vom Lockdown“.

Marcus Plescia von der Vereinigung der Gesundheitsbehörden-Vertreter der US-Bundesstaaten geht davon aus, dass die meisten Menschen Impfpässe zumindest in manchen Situationen als sinnvoll ansehen. „Ich denke, ein Teil des Widerstrebens dürfte verschwinden, wenn die Menschen sehen, dass man viele Dinge machen kann, sobald man geimpft ist.“

Bei Filmmacherin Baron und ihrem Lebenspartner, die in New York zum ersten Mal seit dem Frühjahr 2020 gemeinsam ein Konzert besuchen, war beim Thema Impfausweis keine Überzeugungsarbeit notwendig. „Wir haben uns direkt angemeldet, nachdem wir die Impfung bekommen haben“, sagt sie.

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