Der Siegertyp Söder bekommt in der Niederlage einen Titel wie Schalke 04

Markus Söder - Bild: Peter Kneffel/Pool via Reuters
Markus Söder - Bild: Peter Kneffel/Pool via Reuters

Markus Söder vergleicht seine Politik gern mit der Erfolgsgeschichte des FC Bayern, doch nach der Pleite gegen Armin Laschet im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur bekommt er einen Titel wie Schalke 04. „Markus Söder war erkennbar der Kandidat der Herzen“, sagt sein Generalsekretär Markus Blume am Dienstag an der Seite seines nach tagelangem Machtkampf etwas erschöpft wirkenden Parteichefs.

„Kandidat der Herzen“ klingt wie der Titel „Meister der Herzen“, den Schalke 2001 nach der gegen Bayern in letzter Minute verpassten Meisterschaft bekam. Söder bekam damit – sicher ungewollt – von seinem Generalsekretär ein Verliererimage verpasst. Dabei sieht im Moment vieles so aus, als sei Söder in Bayern und auch in der Bundespolitik gestärkt.

Seit seiner Ankündigung „ich bin bereit zu dieser Kandidatur“, die sein Mantra „mein Platz ist in Bayern“ ablöste, kämpfte Söder mit einer die CDU und auch Teile der eigenen Partei überraschenden wilden Entschlossenheit. Die Debatte in der Bundestagsfraktion vor einer Woche schien die Stimmung in der Union zu seinen Gunsten zu kippen.

Doch dies trog, wie die entscheidende Abstimmung im CDU-Vorstand zeigte – am Ende zog Söder trotz seines stabil riesigen Umfragevorsprungs auf Laschet gerade einmal neun Vorstandsmitglieder der CDU auf seine Seite.

Damit verpasst Söder die Gelegenheit, die Niederlagen seiner politischen Idole auszumerzen. Er schlief unter einem Poster von Franz Josef Strauß, der 1980 bei der ersten Kanzlerkandidatur eines CSU-Politikers unterlag. Und Söder ließ sich politisch von Edmund Stoiber erziehen, der 2002 im zweiten Versuch eines CSU-Politikers verlor.

Söder wurde in der Hochphase von Strauß und unter dem Eindruck von dessen andauernden Fehden mit CDU-Chef Helmut Kohl politisch sozialisiert. Er kam am 5. Januar 1967 in Nürnberg zur Welt, wo er bis heute lebt. Seine Eltern starben früh. In der Corona-Pandemie rechtfertigte der verheiratete Vater von vier Kindern immer wieder Einschränkungen mit dem notwendigen Schutz der Älteren und erzählte dann, dass er auch seine Eltern gern länger gehabt hätte – „jeder Tag mehr wäre mir wichtig gewesen“.

Der Einserabiturient, promovierte Jurist und ehemalige Fernsehredakteur des Bayerischen Rundfunks strebte erkennbar von Anfang an in die Spitze der Politik. 1994 schaffte er es in den Landtag, 1995 wurde er Chef der Jungen Union. Von 2003 an war Söder CSU-Generalsekretär und profilierte sich im Schatten Stoibers als Scharfmacher.

Bis zu seiner Wahl zum Ministerpräsidenten 2018 saß Söder elf Jahre lang als Minister mit verschiedenen Zuständigkeiten in Bayern im Kabinett. Seit Anfang 2019 ist er außerdem CSU-Chef.

Der von CSU-Spitzenpolitikern früher wiederholt scharf und auch persönlich attackierte Söder genießt in seiner Partei mittlerweile ähnlichen Zuspruch wie einst Strauß und Stoiber und ist völlig unangefochten.

Mit der Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur konnte er diese Position untermauern. In Bayern war eine zarte Diskussion angelaufen, wer ihm eigentlich als Ministerpräsident nachfolgen könnte. Ein alle überzeugender Kandidat drängte sich dabei nicht auf – viele dürften froh sein, dass Söder nun die CSU in die Landtagswahl 2023 führt.

Allerdings ist auch eine spätere Kanzlerkandidatur Söders vorstellbar. Mit seiner Akzeptanz des Siegs von Laschet nahm Söder nicht seinen Hut aus dem Ring der Bundespolitik. Im Gegenteil hinterließ er der CDU und auch Laschet vergiftete Botschaften.

„Gerade bei den jungen, bei den modernen, bei den, die auf Zukunft aus waren“, habe er in der CDU „überragende Unterstützung“ erfahren, sagte Söder. Das Signal ist klar: Wenn die CDU einen Neuanfang will, steht er bereit – auch wenn er nun angeblich „ohne Groll mit voller Kraft“ Laschet unterstützen will.

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