Überraschend kam es nicht mehr, doch in München und darüber hinaus dürften viele traurig sein: Auch in diesem Jahr fällt das Münchner Oktoberfest aus, zum zweiten Mal in Folge. Keine trunkene Volksfestfröhlichkeit, kein Kettenkarussell und keine gebrannten Mandeln – was manch einer angesichts der anhaltenden Corona-Pandemie für eine Selbstverständlichkeit hält, ist für Oktoberfestfans eine Katastrophe.
„Für mich persönlich ist das auch keine leichte Entscheidung“, sagte der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), nachdem er zusammen mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Aus verabredet hatte. „Sehr schade ist es für die vielen Fans der Wiesn“, sagte Reiter. Schade sei es aber auch, weil es „teilweise existenzielle Auswirkungen“ habe für die auf dem Oktoberfest arbeitenden Menschen.
Bisher galt in München als ungeschriebenes Gesetz, dass wer auf der Wiesn ein Bierzelt betreiben, ein Karussell aufstellen oder Mandeln und Zuckerwatte verkaufen darf, finanziell ohne Sorgen durchs Jahr kommt. Doch umgekehrt zeigt sich jetzt, dass ein Wegfall genau dieser Einnahmen viele der Unternehmen und Beschäftigten in Existenznot stürzt.
Gut 1,2 Milliarden Euro Umsatz machen die Festwirte, Schausteller, Gastronomen, Hoteliers und Taxiunternehmen mit einem Oktoberfest. Die Wiesnbesucher aus aller Welt geben das Geld gern mit vollen Händen aus. Für das erste Wiesnwochenende in diesem Jahr verlangten Hotels, die sonst für 50 Euro pro Nacht Zimmer anbieten, in den Tagen vor der Absage noch über 300 Euro.
Die Chance, die durch den monatelangen Lockdown entstandenen Löcher in den Kassen zu stopfen, ist für die Unternehmen nun gestoppt. Groß war der Druck auf Oberbürgermeister Reiter und Ministerpräsident Söder, ein Oktoberfest zu ermöglichen, wenn es irgendwie geht. Doch die beiden Politiker sahen in der Absage auch die einzige Chance, dass die weltweit bekannte Marke nicht beschädigt wird.
Das Oktoberfest sei „das globalste Fest überhaupt“, sagte Söder. Es sei „die größte Visitenkarte, die Bayern abgibt“. Unter den in diesem Jahr sicher nötigen „unzähligen Auflagen“ würde aber diese starke Marke nur beschädigt. Außerdem hält Söder Abstandsregeln in einer vom besonders kräftigen Oktoberfestbier angetrunkenen Menge für nicht durchsetzbar. „Es wäre auch die Gefahr, dass es zu zum Teil chaotischen Zuständen führen kann.“
Es ist in diesem Jahr erst das 26. Mal in der 211-jährigen Geschichte, dass die Wiesn abgesagt werden muss. Dass sich dies im nächsten Jahr ein weiteres Mal wiederholt, glauben weder Reiter noch Söder. Reiter sagt, sollte die Wiesn 2022 stattfinden, sei sicher auch „sofort“ wieder das gewohnte Oktoberfestgefühl zurück. „Die Menschen, wenn sie wieder feiern dürfen, dann werden sie wieder feiern“, glaubt der Oberbürgermeister.
Auch Söder erwartet im Fall eines Oktoberfest 2022 die bekannten Bilder mit fröhlichen Menschen in Tracht, die Bierkrüge stemmen und Lebkuchenherzen naschen. „Die Wiesn ist letztlich ein ganz großes Fest der Lebensfreude, diese Lebensfreude kommt ganz sicher zurück.“ Er glaubt auch, dass die Wirte eine „Tradition“ pflegen, die den Besuchern nicht so gut schmeckt. „Dass die Wiesn stattfindet, ist wahrscheinlicher, als dass der Bierpreis sinkt“, sagte Söder – üblicherweise gibt es da in jedem Jahr einen kräftigen Aufschlag.