Ski-Urlaub mit schrecklichen Folgen

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Für Sieglinde Schopf ist Ischgl zum Synonym für einen verantwortungslosen Umgang mit der Corona-Pandemie geworden. Ihr Mann Hannes fuhr im März 2020 wie in den fast 50 Jahren zuvor zum Skifahren in den Tiroler Wintersportort – und starb wenige Wochen später einsam in einem Krankenhausbett an Covid-19. Die Österreicherin Schopf fordert Entschädigung, ihr Prozess wurde vergangene Woche für Mitte September angesetzt. Zahlreiche weitere Klagen sind in Vorbereitung. An ihnen sind auch viele deutsche Ischgl-Urlauber und deren Angehörige beteiligt.

Am Bahnhof vor seiner Abreise nach Ischgl nahm Sieglinde Schopf ihren Mann nochmal fest in die Arme. Es war das letzte Mal. Der 72-Jährige starb nach seinem Ski-Urlaub in einem Krankenhaus in St. Pölten an den Folgen seiner Ansteckung mit dem Coronavirus. „Meine Welt ist zusammengebrochen“, sagt Schopf.

Sie macht sich Vorwürfe, dass sie ihren Mann trotz der beginnenden Corona-Pandemie zu seinem Ischgl-Trip ermutigt hatte. „Ich kann mir nicht verzeihen, denn letztlich habe ich ihn in den Tod geschickt.“

Schuld sieht Schopf aber auch bei den österreichischen Behörden. Diese hätten zu spät reagiert, nachdem die ersten Corona-Infektionen in Ischgl bekannt geworden seien. Trotz einer ersten Warnung an die Behörden am 5. März zwängten sich weiterhin Skifahrer in Ischgl in die Skilifte – und auch die Après-Ski-Partys gingen weiter.

Am 13. März ordnete Österreichs Kanzler Sebastian Kurz einen örtlichen Lockdown an. Die vielen Touristen in Ischgl wurden aufgerufen, den Wintersportort sofort zu verlassen.

Schopf und andere Opferangehörige sind überzeugt, dass dies die Katastrophe nur noch verschlimmerte. Ihr Mann habe sich sicher erst bei der chaotischen Evakuierung aus Ischgl mit dem neuartigen Virus angesteckt, glaubt Schopf. Die Witwe fordert daher von der Republik Österreich 100.000 Euro Entschädigung.

Bei Österreichs Verbraucherschutzverein (VSV), der Klagen wie die von Schopf unterstützt, meldeten sich mehr als 6000 Betroffene aus 45 Ländern. Die meisten stammen aus Österreich und Deutschland. Es gehe um 32 Todesfälle, um langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen und psychische Folgen, sagt VSV-Obmann Peter Kolba. „Es ist ein sehr breites Spektrum, von Todesfällen bis zu Fällen von Long Covid.“

Ursprünglich sollte Schopfs Klage vor dem Wiener Landgericht für Zivilrechtssachen Anfang April verhandelt werden, doch wegen des Corona-Lockdowns wurde der Prozess verschoben. Stattdessen wurde er am vergangenen Freitag auf den 17. September festgesetzt. Und es soll nicht bei diesem einen Prozess bleiben. „Derzeit sind rund hundert Klagen in Vorbereitung“, erklärte VSV-Obmann Kolba vergangenen Monat.

Im Oktober hatte eine Expertenkommission das Krisenmanagement der Behörden kritisiert. Sie reagierten demnach verspätet auf die Corona-Bedrohung und hätten die Touristen „ohne Vorbereitung“ aus dem betroffenen Gebiet fortgebracht.

Bereits Ende September hatte die Staatsanwaltschaft Innsbruck Ermittlungen gegen vier Behördenvertreter, darunter Ischgls Bürgermeister Werner Kurz, eingeleitet. Die Verantwortlichen halten jedoch dagegen, sie hätten entsprechend des damaligen Kenntnisstandes gehandelt.

So oder so ist der Image-Schaden für Ischgl enorm. Über Weihnachten blieben die Unterkünfte des Wintersportortes trotz einer Öffnungsgenehmigung der österreichischen Regierung vorsichtshalber geschlossen.

„Für uns ist die oberste Priorität die Gesundheit, weil aus den ganzen Erfahrungen vom letzten Jahr haben wir schon viel gelernt“, sagt der Leiter von Ischgls Tourismusbehörde, Andreas Steibl. Als sich diesen Winter die südafrikanische Corona-Mutante in Tirol ausbreitete, habe es in Ischgl praktisch keine Infektionsfälle gegeben.

Nach der verlorenen Skisaison setzt Ischgl nun auf Urlauber im Frühling und Sommer. Mit dem Prozess im September wird die Tatsache, dass der Ort zu Beginn der Pandemie zu den Corona-Hotspots zählte, aber wieder in den Fokus rücken.

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