In Deutschland kann weniger als die Hälfte der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Texten Fakten von Meinungen unterscheiden. Dies zeigt eine am Dienstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichte Sonderauswertung der Schulstudie Pisa. Knapp die Hälfte der Jugendlichen gibt demnach auch an, im Unterricht nicht zu lernen, subjektive oder voreingenommene Texte zu erkennen.
Insgesamt liegt die Lesekompetenz der 15-Jährigen in Deutschland leicht über dem OECD-Mittel. Dabei schneiden demnach Schülerinnen und Schüler besser ab, die häufig Bücher analog und nicht online lesen.
Im Rahmen der Pisa-Studie im Jahr 2018 gehörte zu den Tests für die Jugendlichen auch die Aufgabe, Passagen in einem Text als Fakten oder Meinungen zu identifizieren. Dazu waren laut OECD in Deutschland weniger als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler in der Lage. Besonders gut schnitten demnach Jugendliche in den USA, Großbritannien, der Türkei und den Niederlanden ab.
Wie gut die Lesekompetenzen im digitalen Raum sind, hängt in Deutschland auch stark vom sozialen Hintergrund ab. Laut OECD schnitten Schülerinnen und Schüler aus privilegierten Elternhäusern so gut wie in keinem anderen Land ab, während Jugendliche aus benachteiligten Haushalten nur im oberen Mittelfeld lagen.
OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher verwies darauf, wie wichtig Lesekompetenz gerade durch die Digitalisierung geworden ist. „Im 21. Jahrhundert finden wir bei Google tausende konkurrierender Antworten und niemand sagt uns, was richtig und falsch ist“, erklärte Schleicher. Lesekompetenz sei „nicht mehr die Extraktion von Wissen, sondern die Konstruktion von Wissen“.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) bezeichnete Lesen als „die Basiskompetenz, die jeder Mensch für eine gute Bildung benötigt“. Gerade in einer Demokratie sollte die junge Generation in die Lage versetzt werden, „Texte kritisch lesen und die Fakten darin erkennen zu können“.
Bei der Förderung des Lesens müsse noch stärker zweistufig vorgegangen werden, forderte die Ministerin. Zum einen müsse die „Grundfähigkeit des Lesens“ gestärkt werden, es müsse aber auch die „Fähigkeit zum digitalen Lesen“ verbessert werden.