Wegweisende Verfahren um Doppelbesteuerung von Altersrenten in München

Bundesfinanzhof - Bild: Andreas Focke
Bundesfinanzhof - Bild: Andreas Focke

Der Bundesfinanzhof will am 31. Mai die Entscheidung in zwei für etliche Rentner wegweisenden Verfahren zur verbotenen doppelten Besteuerung verkünden. In zwei ausführlichen mündlichen Verhandlungen am Mittwoch deutete der zuständige Senat an, dass es Nachbesserungsbedarf in der geltenden Besteuerung gibt. Ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums hob hervor, der Bund wolle eine möglichst faire Besteuerung der gut 20 Millionen Rentner in Deutschland.

Ursprung des Verfahrens ist die im Jahr 2005 von der damaligen Bundesregierung aus SPD und Grünen auf den Weg gebrachte sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Für deren Umsetzung gilt eine lange Übergangsphase bis ins Jahr 2040. Die Umsetzung ist steuerrechtlich kompliziert, viele Rentner beklagen eine doppelte Besteuerung zunächst im Arbeitsleben und dann nochmals im Ruhestand.

Solch eine doppelte Besteuerung ist verfassungsrechtlich verboten. Aktuell sind deshalb bei den Finanzgerichten 142.000 Verfahren anhängig. Deren Ausgang hängt stark von den zwei Verfahren vor dem Bundesfinanzhof ab. Sollten die dort klagenden zwei Rentner Recht bekommen, dürften noch zahlreiche weitere Klagen folgen und müssten die Finanzämter ihre Berechnungen überarbeiten.

In dem ersten am Mittwoch verhandelten Fall sind ein ehemaliger Zahnarzt aus Hessen und dessen Frau Kläger. Der Mann trat 2009 in den Ruhestand ein und bezieht seitdem verschiedene Renten – neben der gesetzlichen auch die für Selbstständige gedachte Rürup-Rente sowie rund 20 private Renten.

Bei der Besteuerung dieser Renten sah der Kläger eine doppelte Besteuerung, seinen Steuerbescheid focht er aber erfolglos an. In dem von dem Mann vor dem hessischen Finanzgericht verlorenen Verfahren hatte wie zuvor das Finanzamt auch das Gericht eine Doppelbesteuerung festgestellt. Allerdings errechneten die Steuerbehörden eine zu viel gezahlte Steuer von 100,21 Euro und lehnten eine Erstattung wegen Geringfügigkeit angesichts des großen Steuervolumens ab.

Bisher gibt es aber keine definierte Bagatellgrenze. Ob der Bundesfinanzhof diese nun feststellen wird, ist noch unklar. Offen ist nämlich, ob das Gericht überhaupt zu dem Ergebnis kommt, dass eine Doppelbesteuerung vorlag – nur dann müsste sich der Bundesfinanzhof zur Bagatellgrenze äußern. Diese wiederum könnte dann aber für alle Rentner relevant werden.

Die Senatsvorsitzende Jutta Förster sagte, die mündliche Verhandlung habe „einige Sachen zu denken gegeben“. Dabei nannte sie die Bedingungen für die sogenannte Öffnungsklausel, die Steuerzahler günstiger stellen soll oder die Frage, ob die Rürup-Rente als Basisrente steuerlich genauso behandelt werden muss wie die gesetzliche Rente.

In dem zweiten Verfahren sah die Vorsitzende eine Reihe strittiger Fragen der doppelten Besteuerung, die auch andere Fälle betreffen. In diesem Fall sieht der Kläger, ein ehemaliger Steuerberater, nicht genügend Abzüge bei seiner Steuerlast.

Dabei geht es unter anderem um die Berücksichtigung der Grundfreibeträge und die Abzugsmöglichkeit von Krankenversicherungsbeiträgen. Hier ließ der Bundesfinanzhof erkennen, dass die derzeit von den Finanzämtern angewandte Formel zur Berechnung steuerfreier Anteile ergänzt werden muss – sollte es in dem Urteil Ende Mai so kommen, könnte das für zahlreiche Rentner zu einer Entlastung führen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Verfahren hatte sich das Bundesfinanzministerium zuordnen lassen. Der Leiter der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums, Rolf Möhlenbrock, sagte als Prozessvertreter, dem Ministerium sei „an einer fairen Besteuerung und Ausrichtung des Systems“ gelegen. „Wir wollen die faire Besteuerung der Rentner, da soll keiner in Übermaß in Anspruch genommen werden.“

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