Europaparlament will mit Klage Sanktionen bei Rechtsstaatsverstößen erzwingen

Europaparlament - Bild: Klaus Schächner/CC BY-NC 2.0
Europaparlament - Bild: Klaus Schächner/CC BY-NC 2.0

Das Europaparlament hat der EU-Kommission mit einer Klage wegen Untätigkeit beim Vorgehen gegen Rechtsstaatsverstöße gedroht. Die Abgeordneten setzten Brüssel am Donnerstag eine letzte Frist von zwei Wochen, um einen neuen Sanktionsmechanismus anzuwenden, der zur Kürzung oder Streichung von EU-Geldern für Mitgliedstaaten führen kann. Ansonsten wollen sie vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ziehen.

Der Rechtsstaatsmechanismus ist seit Anfang dieses Jahres in Kraft. Ungarn und Polen, die seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen in der EU am Pranger stehen, hatten sich im vergangenen Jahr vehement gegen das neue Instrument gewehrt. Sie blockierten dabei über Wochen hinweg ein billionenschweres Finanzpaket aus dem EU-Haushalt und dem Corona-Hilfsfonds.

Warschau und Budapest stimmten dem Rechtsstaatsmechanismus erst zu, nachdem die Staats- und Regierungschefs zugesichert hatten, dass Kürzungen von EU-Geldern erst erfolgen können, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Instrument rechtlich geprüft hat. Die entsprechenden Klagen reichten Ungarn und Polen im März in Luxemburg ein.

Auch ein beschleunigtes EuGH-Verfahren wird wohl bis zu einem Jahr dauern. Ungarn, Polen und eventuell anderen EU-Ländern drohen also frühestens Ende 2022 Sanktionen.

Das Parlament hatte der Kommission bereits im März eine Frist bis zum 1. Juni gesetzt, um zumindest ihre Leitlinien für die Anwendung der Regelung zu erstellen. Dass die Behörde diese Frist verstreichen ließ, sei „eine ausreichende Grundlage“ für die Klage, hieß es in der Resolution, die im Parlament mit 506 Stimmen angenommen wurde. 150 Abgeordnete votierten gegen die Entschließung.

Während Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zögere, „verschwindet jeden Tag EU-Geld in korrupten Taschen“, kritisierte die SPD-Europaabgeordnete und Vizepräsidentin des Parlaments, Katarina Barley. Und täglich würden Richterinnen und Richter „an ihrer unabhängigen Berufsausübung gehindert“.

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