„Genug ist es nicht“: Merkel zieht Bilanz ihrer Klimapolitik

Angela Merkel - Bild: Bundesregierung/Denzel
Angela Merkel - Bild: Bundesregierung/Denzel

Kurz vor Ende ihrer Amtszeit hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine nüchterne Bilanz ihrer Klimapolitik gezogen. „Wenn ich mir die Situation anschaue, kann kein Mensch sagen, dass wir genug getan haben“, sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag. „Die Zeit drängt wahnsinnig. Ich kann die Ungeduld der jungen Leute verstehen.“ Das Thema Klimaschutz werde „über die Dauer meiner politischen Tätigkeit hinaus“ seine Dringlichkeit behalten.

Merkel äußerte sich in der Regierungsfragestunde im Plenum, in der Abgeordnete der Kanzlerin Fragen stellen dürfen. Für Merkel war es der zehnte – und voraussichtlich letzte Auftritt in der Fragestunde. Bei der Bundestagswahl im September tritt sie nicht erneut wieder an.

In der Klimapolitik werde sie ihrem Nachfolger viel Arbeit hinterlassen, räumte Merkel ein. Die Weichen für einen besseren Klimaschutz seien nun aber längerfristig gestellt. Die EU habe „sehr anspruchsvolle Vorgaben“ zur Minderung des Treibhausgasausstoßes gemacht. Zudem habe ihre Regierung „weltweit daran gearbeitet, Klimaallianzen zu schmieden“. Ihre Bilanz brachte sie auf die Formel: „Genug ist es nicht, aber es ist viel passiert.“

Einen vorsichtig optimistischen Ton schlug Merkel beim Thema Corona-Pandemie an: Eine Überwindung sieht sie in greifbarer Nähe. Wenn die Menschen nun nach Abklingen der dritten Infektionswelle „vorsichtig und aufmerksam“ blieben und weiter die Schutzregeln einhielten, „dann wird die Coronavirus-Pandemie ihren Schrecken verlieren und endgültig überwunden werden“, sagte sie – und warnte: „Wir bewegen uns immer noch auf dünnem Eis.“

Der „Schlüssel zur Überwindung der Pandemie“ sei „natürlich die Impfung“, sagte Merkel. Das Ziel bleibe, „allen Bürgerinnen und Bürgern bis Ende des Sommers ein Impfangebot machen zu können“. Eine Impfung sei „nach allem, was die Wissenschaft bisher einschätzen kann, auch der beste Schutz vor der Delta-Variante“ des Coronavirus.

In der Debatte um eine Erhöhung des Renteneintrittsalters positionierte sich Merkel klar. Der Rente mit 68 erteilte sie eine Absage: „Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit steht für mich überhaupt nicht auf der Tagesordnung.“ Ein Renteneintrittsalter ab 68 hatte der wissenschaftliche Beirat im Bundeswirtschaftsministerium vorgeschlagen.

Ihren voraussichtlich letzten Auftritt in der Regierungsfragestunde gestaltete Merkel betont unsentimental. Nur am Rande spielte sie auf die ungewöhnlich lange Dauer ihrer Kanzlerinnenschaft an: „Man glaubt’s nicht, aber als ich Bundeskanzlerin wurde, gab’s das Iphone noch nicht“, sagte sie an einer Stelle.

Amtsmüdigkeit zeigte Merkel nicht. Als sie sich an einer Stelle verhaspelte, sagte sie: „Weil ich noch so viele Gedanken in meinem Kopf habe, muss ich aufpassen, dass nicht alles durcheinanderpurzelt.“

Die Kanzlerin machte klar, dass sie keineswegs darauf pocht, dass Deutschland auch künftig von einer Frau regiert wird. „Ich bin der Meinung, dass nach 16 Jahren Angela Merkel die Bürgerinnen und Bürger mündig genug sind, ihre Entscheidung zu treffen, wen sie als Kanzlerin möchten oder als Kanzler“, sagte sie auf eine entsprechende Frage der Grünen-Abgeordneten Ulle Schauws.

Die Grünen schicken als einzige Partei eine Frau ins Rennen um die Merkel-Nachfolge – nämlich Parteichefin Annalena Baerbock. Ein Plädoyer Merkels für eine Frau an der Spitze der künftigen Regierung hätte somit als indirekte Wahlempfehlung für die Grünen interpretiert werden können. Dies unterließ Merkel beflissentlich.

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