In einer Volksabstimmung haben die Schweizer ein Verbot synthetischer Pestizide mehrheitlich abgelehnt. Laut dem amtlichen Endergebnis votierten 60,56 Prozent der Abstimmungsteilnehmer gegen das Vorhaben und folgten damit einem Appell der Regierung. Auch andere Umweltschutzinitiativen fielen durch. Abgesegnet wurden hingegen eine äußerst umstrittene Erweiterung der Befugnisse für die Polizei zur Verhütung von Terroranschlägen sowie ein neues Gesetz zur Bewältigung der Corona-Krise.
Für das Vorhaben, die Schweiz zu Europas erstem Land ohne synthetische Pestizide zu machen, wäre die Zustimmung von einer Mehrheit der Wähler sowie der Kantone notwendig gewesen. Allerdings stimmten fast 61 Prozent der Bürger und 25 von 26 Kantonen dagegen.
Dies sei „eine vernünftige und pragmatische Entscheidung“, zeigte sich der Schweizer Bundespräsident Guy Parmelin erleichtert. Die Schweizer stellten damit „die Zukunft unserer Landwirtschaft und die Lebensmittelsicherheit des Landes“ sicher. Die Agrar-Branche habe nun die Chance, „Reformen hin zu einer nachhaltigeren Produktion“ einzuleiten.
Mit dem Baseler Konzern Syngenta beherbergt die Schweiz einen der größten Pflanzenschutzmittel-Hersteller der Welt. Ausgerechnet Basel war der einzige Kanton, in dem die Initiative eine Mehrheit bekam.
Die Volksinitiative hatte ein Verbot von Unkrautvernichtungsmitteln binnen zehn Jahren gefordert. Außerdem sollten auch Lebensmittel nicht mehr importiert werden, die mit Hilfe von synthetischen Pestiziden hergestellt wurden. Die Debatte über den Verzicht auf synthetische Pestizide war erbittert geführt worden. Einige Landwirte, die das Vorhaben unterstützten, wurden nach eigenen Angaben Opfer von Beleidigungen, Drohungen und Einschüchterung.
Auch eine Trinkwasserschutzinitiative wurde am Sonntag mit 60,68 Prozent der Stimmen abgelehnt. Die Initiative „Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung“ trat dafür ein, dass nur noch Bauern staatliche Subventionen erhalten, die ohne Pestizide und den prophylaktischen Einsatz von Antibiotika auskommen. Auch der Einsatz von Gülle auf Feldern sollte reduziert werden.
Ein überarbeitetes CO2-Gesetz, mit dem die Schweiz ihren Treibhausgasausstoß bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Wert von 1990 halbieren sollte, wurde mit 51,59 Prozent der Stimmen abgelehnt. Ein Gesetz zur Bewältigung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie erhielt hingegen die Unterstützung von rund 60 Prozent der Abstimmungsteilnehmer.
Mit einem weiteren Referendum erhielt die Polizei mit 56,58 Prozent Zustimmung die Befugnis, Menschen ab zwölf Jahren verstärkt zu überwachen, wenn der Verdacht besteht, dass sie Gewalttaten planen. Auch ihre Bewegungsfreiheit kann dann eingeschränkt werden. Mit einem entsprechenden Gerichtsbeschluss können künftig zudem Verdächtige ab einem Alter von 15 Jahren für bis zu neun Monate unter Hausarrest gestellt werden.
Die neuen Befugnisse sind äußerst umstritten. „Die Schweiz wird nun das unprofessionellste, ineffizienteste und gefährlichste Anti-Terror-Gesetz bekommen“, kritisierte der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Der Kampagnenchef von Amnesty International Schweiz, Patrick Walder, erklärte, die Schweiz gebe sich eine „ungenaue Definition von Terrorismus“, die Tür und Tor für willkürliche Polizeiaktionen öffne.