Eine Jeans für 13 Euro, eine Smartwatch für neun Euro oder ein Blutdruckmessgerät für nicht mal sieben Euro: Online-Marktplätze wie „Temu“, „Shein“, „AliExpress“, „Ebay“ oder „Amazon Marketplace“ locken Kunden mit extrem niedrigen Preisen und hohen Rabatten.
„Mit dem Direktverkauf über Online-Plattformen kommen massenhaft Produkte auf den europäischen Markt, die nicht die geltenden Anforderungen an die Produktsicherheit erfüllen“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Dazu zählten beispielsweise scharfkantige Spielzeuge, ungenaue Gesundheitstracker, falsche oder gar keine CE-Kennzeichnungen oder fehlende Kontaktinfos.
Die Bundesnetzagentur hat im Jahr 2023 rund 5.000 Warensendungen aus Drittstaaten kontrolliert und festgestellt, dass 92 Prozent dieser Waren nicht den EU-Vorschriften entsprachen. Der Handelsverband HDE meldete, dass etwa 60 Prozent der gelieferten Produkte wegen Verstößen gegen das Chemikalienrecht nicht verkehrsfähig waren.
TÜV-Verband fordert konsequente Anwendung des europäischen „Digital Services Act“
Unsichere Produkte müssten schnell von den Plattformen entfernt werden, Ansprechpartner in der EU erreichbar sein und manipulative Werbung unterbunden werden. Zudem sollte die 45-Millionen-Nutzergrenze für große Marktplätze abgesenkt werden, damit mehr Online-Händler strengere Vorgaben erfüllen müssen. „Im Online-Handel haben wir weniger ein Regulierungs- als ein Kontroll- und Durchsetzungsdefizit“, sagt Bühler. „Notwendig sind EU-weit ausreichende Ressourcen für den Zoll und die Marktüberwachung.“
Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten des Digital Services Act nutzen
Einen wichtigen Schritt zur besseren Kontrolle des Online-Handels hat die Europäische Kommission mit dem Digital Services Act gemacht, der seit Februar 2024 in Kraft ist. Dieser sieht vor, dass „sehr große Online-Plattformen“ mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der EU strengeren Transparenz- und Sorgfaltspflichten unterliegen. Die Plattformen müssen Risikobewertungen durchführen, Werbeanzeigen und deren Targeting transparent machen, Maßnahmen gegen Desinformation ergreifen und dafür sorgen, dass unsichere Produkte nicht vertrieben werden.
„Die EU-Kommission muss die Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten des DSA konsequent nutzen und anwenden“, betonte Bühler.
Prüfkennzeichen bieten Verbrauchern Orientierung
Aus Sicht des TÜV-Verbands sollten sich Verbraucher darauf verlassen können, dass nur sichere Produkte auf den EU-Binnenmarkt gelangen. „Bei der Produktsicherheit im Online-Handel klaffen die gesetzlichen Vorgaben und die Realität immer weiter auseinander“, sagt Bühler. „Die Marktüberwachungsbehörden sind seit Jahren chronisch unterfinanziert und personell unzureichend ausgestattet.“ Auch wenn nicht annähernd alle Lieferungen kontrolliert werden könnten, müsse der Druck auf Online-Händler und Hersteller erhöht werden.
Verbraucher sollten bei Online-Käufen auf Zertifizierungen und Produktsicherheitszeichen achten, die von unabhängigen Prüfstellen vergeben werden. Gute Orientierung bieten das „GS-Zeichen“ für geprüfte Sicherheit oder ein Siegel der TÜV-Unternehmen. Produkte mit diesen Prüfzeichen wurden von unabhängigen Stellen geprüft und stehen für die Einhaltung von Richtlinien und Normen.