EU-Investitionsabkommen mit China für unbestimmte Zeit auf Eis

Symbolbild: Europäische Union
Symbolbild: Europäische Union

Eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China liegt für unbestimmte Zeit auf Eis. Führende EU-Abgeordnete gingen am Mittwoch nicht davon aus, dass die Bemühungen um eine Ratifizierung des Investitionsabkommens mit Peking bald wieder aufgenommen würden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte das Abkommen „trotz aller Schwierigkeiten“ grundsätzlich als „sehr wichtiges Unterfangen“.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, hatte am Dienstag unter Verweis auf die jüngsten diplomatischen Zerwürfnisse mit China angekündigt, die Ratifizierung des Investitionsabkommens vorerst nicht mehr aktiv voranzutreiben. „Wir können den größeren Kontext der Beziehungen zwischen der EU und China nicht ignorieren“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Merkel machte sich dafür stark, in der Diskussion um die Beziehungen zu China die „gesamte Breite der Fragen“ im Auge zu behalten. Neben Menschenrechtsfragen gehörten dazu auch wirtschaftliche Kooperation und offene Märkte.

„Das Abkommen ist schon lange im Kühlschrank“, sagte der Vorsitzende des parlamentarischen Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD). Er sehe „kaum eine Chance“, dass sich daran in den kommenden zwei Jahren etwas ändern werde – insbesondere nicht, solange China an Sanktionen gegen EU-Abgeordnete festhalte.

Der Streit zwischen der EU und China war im März eskaliert. Die EU hatte damals Sanktionen gegen vier Partei- und Regionalvertreter der Provinz Xinjiang wegen des Vorgehens gegen die muslimische Minderheit der Uiguren verhängt. Als Reaktion darauf belegte Peking seinerseits EU-Politiker und europäische Wissenschaftler mit Sanktionen, darunter die Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer (Grüne) und Michael Gahler (CDU).

Damit sei klar gewesen, dass „die überwiegende Mehrheit der Fraktionen“ im EU-Parlament derzeit keine Ratifizierung wolle, sagte Bütikofer. Dies sei „auch eine persönliche Blamage“ für Präsident Xi Jinping, der sich mit seiner Sanktionspolitik „böse verkalkuliert“ habe.

Nach mehrjährigen Verhandlungen hatten sich die EU und China am 30. Dezember 2020 im Grundsatz auf das Investitionsabkommen geeinigt. Besonders Deutschland hatte sich dafür eingesetzt. Das Abkommen soll Unternehmen beider Seiten stabile Rahmenbedingungen für Handel und Investitionen im jeweils anderen Markt garantieren.

Nach der gestoppten Ratifizierung könnte das europäisch-chinesische Wirtschaftsverhältnis auch durch einen neuen Gesetzentwurf der EU-Kommission belastet werden. Die Behörde will europäische Unternehmen stärker gegen staatlich subventionierte Firmen schützen.

Bei großen Firmenfusionen mit solchen Unternehmen soll Brüssel demnach künftig informiert werden und könnte die Pläne dann untersagen oder mit Auflagen versehen. Ähnliche Regeln sind für die Vergabe öffentlicher Aufträge an auswärtige Unternehmen vorgesehen.

Dem Vorschlag müssen das Europaparlament und die Mitgliedstaaten zustimmen. Aus dem Parlament kam grundsätzlich Unterstützung. „Dass Firmen aus dem Ausland zum Teil von staatlicher Unterstützung profitieren, die in der EU niemals zulässig wäre, ist kein Geheimnis“, erklärte der SPD-Politiker Lange.

Ein Fall wie der des Augsburger Roboterherstellers Kuka, der von einem chinesischen Konzern übernommen wurde, dürfe sich nicht wiederholen, forderte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Wenn ausländische Firmen in Europa investieren, geht es oftmals schlicht um Technologie- und Knowhow-Transfer.“

Kritik an den Kommissionsplänen kam aus der Wirtschaft. Es bestehe die Gefahr, dass diese „zu einer erheblichen zusätzlichen Bürokratie und Rechtsunsicherheit“ führten, erklärte der Verband der Maschinenbaubranche VDMA.

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