Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat den polnischen Staat im Zusammenhang mit der „irregulären“ Ernennung eines Verfassungsrichters zu einer Entschädigungszahlung verurteilt. Die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts sei aufgrund der Richterauswahl durch die regierende rechtskonservative PiS-Partei „von Illegalität geprägt“, urteilten die Richter in Straßburg am Freitag. Der EGMR entschied zugunsten eines polnischen Unternehmens und erkannte die Verletzung seines „Rechts auf ein gesetzlich verankertes Gericht“ an.
Das polnische Verfassungsgericht hatte mit drei zu zwei Stimmen die Prüfung einer Beschwerde des Unternehmens abgelehnt. Die EGMR-Richter begründeten ihr Urteil mit den „Unregelmäßigkeiten“ bei der Ernennung eines der an dieser Entscheidung beteiligten Verfassungsrichter.
Die polnische Regierung steht wegen umstrittener Justizreformen international in der Kritik. Der Regierung in Warschau wird vorgeworfen, mit immer neuen Gesetzen die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung zu untergraben. Mit den EU-Institutionen liegt sie deshalb schon lange über Kreuz. Beim EGMR sind deshalb mehrere Klagen anhängig.
Die EGMR-Richter erinnerten daran, dass der polnische Präsident Andrzej Duda, der der PiS nahesteht, „sich geweigert hatte, drei Richter des Verfassungsgerichts zu vereidigen, die im Oktober 2015 vom Unterhaus des polnischen Parlaments legal gewählt worden waren“. Stattdessen wählte ein wenig später von der PiS dominiertes Parlament drei neue Richter, darunter auch den, um den es nun bei der Entscheidung des EGMR ging.
Polen wurde auch wegen der Verletzung des „Rechts auf ein faires Verfahren“ verurteilt. Die europäischen Richter stellten fest, dass die polnischen Gerichte nicht auf die Argumente des Unternehmens eingegangen waren. Warschau soll eine Entschädigungszahlung von rund 3400 Euro an das Unternehmen zahlen.