Auch wenn Wissenschaftler und Umweltverbände darauf hinweisen, dass das geplante neue Klimaschutzgesetz nicht für das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens ausreicht – die neuen Vorgaben bedeuten für die kommenden Jahre und Jahrzehnte gleichwohl eine erhebliche Herausforderung für alle Wirtschaftssektoren. Die Kernpunkte der Neufassung des Klimaschutzgesetzes, das am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen wurde:
Emissionsziele
Das Emissionsziel für 2030 wird auf eine CO2-Minderung um 65 Prozent statt bisher 55 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990 verschärft. Neu in das Gesetz aufgenommen wird für 2040 die Vorgabe einer CO2-Minderung um 88 Prozent. Bislang galt hier ein Ziel von minus 70 Prozent, das aber nicht gesetzlich verankert war. Auch für die Jahre zwischen 2030 und 2040 werden nun jährliche Minderungsziele genannt, etwa minus 71 Prozent für 2032, minus 78 Prozent für 2035 und minus 84 Prozent für 2038.
Treibhausgasneutralität
Das Ziel der Treibhausgasneutralität soll nun bis 2045 erreicht werden. Bislang sollte dies bis 2050 erfolgt sein. Erstmals wird zudem ein negatives Klimaziel gesetzlich festgeschrieben: „Nach dem Jahr 2045 sollen negative Emissionen erreicht werden“, heißt es in der Vorlage.
Sektorziele
Für die Jahre von 2020 bis 2030 sieht das Klimaschutzgesetz jeweils zulässige Emissions-Höchstmengen für einzelne Wirtschaftssektoren vor. Angepasst werden sollen hier die Werte ab 2023, um einen relativ gleichmäßigen Rückgang des CO2-Ausstoßes bis zum Erreichen des neuen 65-Prozent-Ziels zu gewährleisten.
Für den Energiesektor beträgt der Zielwert für 2030 nun 108 Megatonnen CO2-Äquivalente statt bisher 175 Megatonnen. Für die Industrie sinkt der Zielwert für 2030 verglichen mit der bisherigen Rechtslage von 140 Megatonnen auf 119 Megatonnen, für Gebäude von 70 Megatonnen moderat auf 67 Megatonnen, für den Verkehr von 95 Megatonnen auf 85 Megatonnen, für die Landwirtschaft von 58 Megatonnen auf 54 Megatonnen. Für sonstige Bereiche bleibt es bei fünf Megatonnen.
Auch für die Jahre von 2031 bis 2045 sieht das Gesetz für jedes einzelne Jahr konkrete Minderungsziele vor. Wie diese zwischen den Sektoren aufgeteilt werden, soll im Jahr 2024 entschieden werden.
Natürliche Ökosysteme
Neu ist auch ein Paragraf zur Klimawirkung natürlicher Ökosysteme, die im Einklang mit Natur- und Artenschutz gestärkt werden soll. Erreicht werden soll bis 2030 ein Minderungseffekt von 25 Megatonnen CO2-Äquivalenten, bis 2040 von 35 Megatonnen und bis 2045 von mindestens 40 Megatonnen.
Entlastung von Mieterinnen und Mietern
Zusätzlich zum neuen Klimaschutzgesetz verabschiedete das Kabinett eine Regelung zur Entlastung von Mieterinnen und Mietern. Die Kosten für die neue CO2-Abgabe für Heizkosten sollen sie sich künftig hälftig mit dem Vermieter aufteilen. Bislang gilt die CO2-Abgabe rechtlich als Bestandteil der Heizkosten, damit konnte sie von den Vermietern vollständig auf die Mietenden abgewälzt werden. Mit der Neuregelung soll „die Wirkung des CO2-Preises verbessert werden, da Vermieter über energetische Sanierungen und die Art der Heizung entscheiden“, erklärte das Bundesumweltministerium.
Sofortprogramm
In Ergänzung zum neuen Klimaschutzgesetz legte die Bundesregierung zudem ein Sofortprogramm mit einem Volumen von acht Milliarden Euro auf, das die Umsetzung der neuen Klimaschutzziele unterstützen soll. Es enthält unter anderem mehr Gelder für die klimafreundliche Modernisierung von Bestandsbauten.
Verfahren
Nach dem Kabinettsbeschluss sollen nun zügig die parlamentarischen Beratungen des Klimaschutzgesetzes beginnen, die noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden sollen. Mit der Neuregelung werden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt und die schärferen EU-Ziele berücksichtigt.