Der Zentralrat der Juden in Deutschland begeht an diesem Sonntag seinen 70. Jahrestag. Zum Zeitpunkt seiner Gründung 1950 sei es noch „unvorstellbar“ erschienen, „dass es noch 70 Jahre später einmal Gratulationen zum Jubiläum“ geben würde, schrieb die ehemalige Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“. Fünf Jahre nach dem Ende des Holocaust habe niemand „mit einer solchen Lebensdauer“ gerechne.
Der frühe Zentralrat habe vor allem das Ziel gehabt, das tägliche Überleben zu erleichtern „und ansonsten das jüdische Erbe in Deutschland geordnet“ abzuwickeln, schrieb Knobloch. Es sei „ein großes Kompliment für unser Land, dass all das heute unendlich weit weg erscheint“. Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sei in den vergangenen sieben Jahrzehnten „größer, vielfältiger und sichtbarer“ als je zuvor nach 1945 geworden.
Zugleich warnte Knobloch vor dem zunehmenden Antisemitismus in Deutschland. Sie zitierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der in seiner Gratulation erklärt habe, dass die Stimme des Zentralrats in Zeiten von wachsendem Judenhass „gebraucht und gehört“ werde.
Der religionspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Benjamin Strasser, würdigte den Zentralrat als „die Stimme der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und damit wichtiger Impulsgeber der öffentlichen Debatte“. Es sei „beschämend“, dass der Zentralrat der Juden seit Jahren wieder vermehrt vor Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft warnen müsse.
Der Zentralrat der Juden hatte sich am 19. Juli 1950 in Frankfurt am Main gegründet. Damals lebten noch rund 15.000 Juden in Deutschland. Zu den Überlebenden des Holocaust kamen Juden, die aus ihrem Exil nach Deutschland zurückkehrten.