Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate rücken mit der Normalisierung ihrer Beziehungen auch wirtschaftlich enger zusammen. Mehrere Bereiche sind dabei besonders bedeutsam.
FORSCHUNG
Ob im Medizinbereich oder bei Düngemitteln – die wissenschaftliche Forschung ist für beide Länder ein wichtiges Feld. Bereits vor dem Mitte August überraschend verkündeten Friedensschluss arbeitete Israel nach Angaben von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit den Emiraten auch im Kampf gegen die Corona-Pandemie zusammen. Nur wenige Tage nach dem Friedensschluss wurde eine weitere Kooperation zwischen Unternehmen beider Ländern zur Corona-Forschung besiegelt.
Nahost-Forscher Kristian Ulrichsen vom Baker Institute an der Rice-Universität in den USA sieht darin einen „populären Weg“, die Menschen sowohl in Israel als auch den Vereinigten Arabischen Emiraten daran zu gewöhnen, dass „Koordinierung bei so einer dringenden Angelegenheit zum Wohle beider Länder ist“.
ERDÖL
Bislang hatte Israel keinen Zugang zu den immensen Ölvorräten auf der arabischen Halbinsel. Nun könnte Israel „in hohem Maße profitieren, wenn es Öl aus den Emiraten kaufen kann“, erklärt Energieexpertin Ellen Wald vom Atlantic Council Global Energy Center. Denn bislang ist die beste Ölquelle für das Land demnach Rohöl aus den kurdischen Gebieten im Nordirak. Und auch die Emirate würden nach Einschätzung Walds davon profitieren, wenn sie einen neuen ölhungrigen Kunden gewinnen.
HIGHTECH UND STARTUPS
Israels boomender Hightech-Sektor hat dem Land bereits den Beinamen „Startup-Nation“ eingebracht. Die Branche steht nach Angaben des Wirtschaftsministeriums für mehr als 40 Prozent aller Exporte. Die Vereinigten Arabischen Emirate – vor allem das schillernde Emirat Dubai mit seiner gleichnamigen Hauptstadt – ziehen wiederum mit unternehmensfreundlichen Regelungen viele Startups der Region an. Mehr als ein Drittel aller Startups aus dem Nahen Osten und aus Nordafrika sind Berichten zufolge in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässig. Das Land selbst hat sich zum Ziel gesetzt, eine Hochburg für den Technologie-Sektor zu werden.
„SMART FARMING“ UND MEERWASSERENTSALZUNG
Israel exportierte allein im Jahr 2016 nach Regierungsangaben Agrartechnik im Wert von umgerechnet 7,6 Milliarden Euro. Die Emirate hingegen stehen vor der Herausforderung, ihre aus allen Regionen der Welt stammende Bevölkerung von mehr als neun Millionen Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen und die Abhängigkeit von Importen zu verringern. Denn im Land selbst gibt es nur wenig fruchtbares Ackerland bei gleichzeitig extremen Temperaturen.
Auch hier sieht Nahost-Experte Ulrichsen daher das Potenzial für wechselseitigen Nutzen. Eine Zusammenarbeit bei Agrartechnik und sogenanntem „Smart Farming“ könne dann auch als Türöffner für Kooperationen in anderen politischen Bereichen und auf diplomatischen Schauplätzen dienen.
In Israel sitzen zudem Entsalzungsunternehmen, die international führend sind – wie etwa IDE Technologies, das in 40 Ländern rund 400 Anlagen betreibt. Die niederschlagsarmen Emirate sind für ihr Wasser auf die Entsalzung angewiesen: Derzeit liegt der Verbrauch von derart gewonnenem Wasser in dem Golfstaat bei knapp 3,7 Milliarden Kubikmetern pro Jahr; für 2025 werden bereits mehr als 5,8 Milliarden Kubikmeter prognostiziert.
SICHERHEITS- UND ÜBERWACHUNGSTECHNIK
In Israel ist eine ganze Reihe von Cyberunternehmen ansässig, die auf Sicherheits- und Überwachungstechnik spezialisiert sind und auch den Markt auf der Arabischen Halbinsel ins Auge fassen. Derzeit wird davon ausgegangen, dass sie bereits neben den Emiraten auch mit Saudi-Arabien und Bahrain Geschäfte machen – allesamt ebenso wie Israel Verbündete der USA.
Unter den israelischen Cyberspezialisten ist auch der Spionagesoftware-Entwickler NSO, der für sein Programm Pegasus bekannt ist. Diese Software war in der Vergangenheit gegen den Menschenrechtsaktivisten Ahmed Mansur aus den Emiraten eingesetzt worden, wie 2016 bekannt geworden war.
TOURISMUS
Ein besonderer Fokus beider Länder liegt auf dem Tourismus: Die Vereinigten Arabischen Emirate hoffen darauf, dass Reisende aus Israel, die bislang vor allem in die USA oder gen Europa fliegen, künftig auch einen vergleichsweise kurzen Flug an die Küste der Emirate in Erwägung ziehen. Israel wiederum setzt auf eine Belebung der heimischen Tourismusindustrie – vor allem für die Mittelmeermetropole Tel Aviv und die Jerusalemer Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg, der drittheiligsten Stätte des Islam.