In Deutschland lesen 69 Prozent der Eltern ihren Kindern nicht vor, weil sie nicht genug Zeit haben oder zu erschöpft sind. 49 Prozent der Eltern macht Vorlesen außerdem keinen Spaß, wie die am Dienstag in Mainz vorgestellte Vorlesestudie 2020 der Stiftung Lesen zeigt. Für die Studie wurden Erwachsene befragt, die ihren Kindern maximal einmal in der Woche vorlesen.
„Viele der befragten Eltern stehen dem Vorlesen kritisch gegenüber“, sagte Jörg Maas, Geschäftsführer der Stiftung Lesen. „Es macht ihnen keinen Spaß, weil sie sich der Aufgabe nicht gewachsen fühlen.“
36 Prozent der Erwachsenen störe es außerdem, ständig von ihren Kindern unterbrochen zu werden. Genauso vielen Eltern bereite Vorlesen keine Freude, weil dabei nur sie selbst sprechen und nicht das Kind. 48 Prozent der Befragten seien zudem der Meinung, dass ihren Kindern bereits genug vorgelesen werde, etwa in der Kita.
„Vorlesen ist für viele der Befragten eine zusätzliche Belastung in ihrem Alltag“, erklärte Rainer Esser, Geschäftsführer der „Zeit“-Verlagsgruppe. Dabei seien schon fünf Minuten Vorlesen besser als nichts.
Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass es in vielen Haushalten nicht genug Bücher gibt, aus denen vorgelesen werden könnte. 68 Prozent der Eltern gaben an, nur bis zu zehn Kinderbücher im Haus zu haben. Der Studie zufolge erhöhen Buchgeschenke die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern häufiger vorlesen.
Mit 44 Prozent der Befragten hält fast jeder zweite sein Kind für „zu unruhig“, um ihm vorzulesen. Der Aussage „Mein Kind will gar nicht vorgelesen bekommen“ stimmten 31 Prozent der Eltern zu.
27 Prozent der Eltern, die selten oder nie vorlesen, halten Vorlesen der Studie zufolge für „nicht so wichtig“. In Deutschland lesen rund 32 Prozent der Eltern ihren Kindern selten oder nie vor. Die Zahl ist nach Angaben der Stiftung Lesen „seit Jahren konstant“.
Die Vorlesestudie ist eine Initiative der Stiftung Lesen, der Wochenzeitung „Die Zeit“ und der Deutsche-Bahn-Stiftung und wird seit 2007 jährlich herausgegeben. Für die aktuelle Erhebung wurden 528 Eltern von Kindern im Alter von einem bis sechs Jahren befragt.