Auch eine Empfängerin der sogenannten Contergan-Rente mit Eigentumswohnung hat nach einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) von Nordrhein-Westfalen Anspruch auf Sozialleistungen. Die „erheblichen“ monatlichen Zahlungen für Contergan-Geschädigte blieben bei der Berechnung der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) außer Betracht, teilte das Gericht in Essen am Montag mit.
Geklagt hatte demnach eine Frau mit Behinderung, die eine Contergan-Rente bezieht und damit „zumindest in weiten Teilen“ eine 119 Quadratmeter große Eigentumswohnung finanziert hatte. Zusätzlich habe sie von Dezember 2012 bis November 2012 darlehensweise SGB-II-Leistungen vom Jobcenter in Bonn bezogen. Vor dem Sozialgericht in Köln klagte sie erfolgreich höhere Leistungen für Stromkosten ein, wogegen das Jobcenter Berufung einlegte.
Das LSG wies die Berufung am 3. Dezember zurück und begründete sein Urteil damit, dass der Contergan-Rente im Wesentlichen eine „Entschädigungsfunktion für die Betroffenen“ zustehe, wodurch „vorrangig entgangene Lebensmöglichkeiten“ ausgeglichen werden sollten. Zum Bestreiten des Lebensunterhalts sei die Contergan-Rente hingegen „weder bestimmt noch geeignet“.
Auch zur „Deckung jedenfalls existenzsichernder Mehrbedarfe“ müsse die Behindertenrente nicht eingesetzt werden. Das gelte auch für die Eigentumswohnung der Klägerin. Das Gericht ließ die Revision gegen das Urteil zu.
Das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan war in Deutschland von 1957 bis 1961 rezeptfrei vertrieben worden. Sein Wirkstoff Thalidomid führte bei insgesamt bis zu zwölftausend Kindern, davon allein rund 5000 in Deutschland, zu dauerhaften Schädigungen wie schwerwiegenden Fehlbildungen an den Gliedmaßen.