Willkommen im Bite Club

Weißer Hai
Weißer Hai

Dave Pearson war Surfen, als es passierte: Ein Bullenhai verbiss sich in seinen Arm und zog ihn auf den Meeresgrund – doch dann verlor der drei Meter lange Raubfisch das Interesse an ihm. Der Vorfall ist zehn Jahre her, Haiangriffe aber beschäftigen den 58 Jahre alten Australier bis heute: Als Initiator des Bite Clubs, eines Netzwerks Überlebender.

„Haiangriffe sind mein Lebensthema“, sagt Pearson. „Wenn es irgendwo auf der Welt einen Angriff gibt, erfahre ich davon.“ Kaum eine Nacht vergehe, in der er nicht mit einem Opfer telefoniere. Nur wer den Schrecken selbst erlebt habe, könne anderen beistehen, ist Pearson überzeugt. Das hat er selbst nach seinem Unfall erfahren. 

Im Krankenhaus traf er damals zufällig auf Lisa Mondy, die ein paar Tage vor ihm von einem Hai gebissen worden war. Nur sie habe verstanden, was er durchmachte, sagt Pearson. Die Brutalität des Angriffs, die grausame Verstümmelung, oft dazu noch Medienrummel – all das belastet die Opfer und auch ihre Retter und Angehörigen oft jahrelang schwer. Nicht wenige leiden unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Der Bite Club hat fast 400 Mitglieder -auch einige Menschen, die von Krokodilen oder auch einem Nilpferd gebissen wurden, sind dabei. Sie versuchen, sich einmal im Jahr persönlich zu treffen, ansonsten halten sie über Online-Netzwerke Kontakt und unterstützen sich. 

Bei Ray Short liegt der Haiangriff schon mehr als 50 Jahre zurück, dennoch ist er froh über den Austausch im Bite Club. „Als ich jung war, gab es so etwas nicht“, sagt Short. Der Australier war 13, als sich ein Hai 1966 beim Schwimmen nahe Wollongong in seinem Bein verbiss. „Damals war es schon unglaublich, wenn man mal von einem oder zwei anderen Opfern von Haibissen hörte“, sagt er. 

Auch Kevin Young engagiert sich im Bite Club. Sein 19 Jahre alter Sohn Zac wurde 2013 beim Surfen nahe Coffs Harbour von einem Tigerhai angegriffen. Die Beine wurden fast vollständig abgetrennt, aber Zac schaffte es, zu seinen drei Freunden zu paddeln. 

Die Jugendlichen nahmen ihn auf ihre Schultern und schwammen mit ihm eine halbe Stunde lang zum Ufer. Als sie endlich den Strand erreichten, war Zac bereits tot. „Ich bin den dreien ein Leben lang zu Dank verpflichtet für das, was sie für meinen Sohn zu tun versuchten“, sagt Young. 

Jeder reagiere unterschiedlich auf die Attacke, sagt Pearson. Manche wollen Haie bekämpfen, andere werden zu Naturschützern. Manche trauen sich nicht mehr ins Wasser, andere steigen wieder aufs Surfbrett. Für Pearson war klar, dass er sich trotz der schrecklichen Erfahrung wieder in die Wellen stürzen würde. „Das Surfen hat sich für mich verändert: Es ist noch besonderer, weil ich die Folgen kenne“, sagt er. 

Haiangriffe sind extrem selten. Im vergangenen Jahr gab es allerdings außergewöhnlich viele. Die Umweltschutzorganisation Taronga Conservation Society zählte 22 Attacken vor den australischen Küsten, sieben Menschen starben dabei. „Ich habe vier Familien getroffen, die letztes Jahr jemanden verloren haben“, erzählt Pearson. „Das war hart. Denn jeder Angriff erinnert dich an deinen eigenen.“

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