Corona-Pandemie dominiert die Parlamentswahl in den Niederlanden

Wahlen in den Niederlanden
Wahlen in den Niederlanden

Nach einem von der Corona-Pandemie dominierten Wahlkampf sind die Niederländer am Mittwoch zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. Es ist die erste große Abstimmung über die Krisenpolitik einer europäischen Regierung, und Ministerpräsident Mark Rutte steuert auf eine vierte Amtszeit zu. 

Auch wenn die Niederlande wegen der Verhängung einer nächtlichen Ausgangssperre kürzlich die heftigsten Unruhen seit Jahren erlebten, liegt Rutte in den Umfragen vorn. Die Corona-Krise hat wenig Raum für andere politische Themen gelassen wie etwa die Migrationspolitik, die immer wieder von dem islamfeindlichen Rechtspopulisten Geert Wilders thematisiert wird.

Wegen der Pandemie öffnen einige Wahllokale bereits am Montag und Dienstag für ältere Menschen und Angehörige von Risikogruppen. 

„Bei dieser Wahl geht es natürlich sehr stark um Covid und die dadurch hervorgerufene Wirtschaftskrise“, sagt Andre Krouwel, der an der Vrije Universiteit Amsterdam Politikwissenschaft lehrt. Dies sei der Unterschied zu vorangegangenen Wahlen, „als es eher um Einwanderung und europäische Integration ging“.

Insgesamt stellen sich 37 Parteien zur Wahl, von denen die meisten schon seit Jahrzehnten bestehen. Sie konkurrieren um 150 Sitze im Unterhaus. Ruttes liberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) verfügt derzeit über 32 Parlamentssitze und führt eine Vier-Parteien-Koalition an, zu der die konservativen Parteien CDA und Christliche Union sowie die Mittel-links-Partei D66 gehören. Sollte die VVD gewinnen, stehen vermutlich wieder Koalitionsverhandlungen an.

Die Niederlande sind die fünftgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone und neben Deutschland stärkster Verfechter einer Finanzdisziplin. Rutte ist seit elf Jahren im Amt und gehört damit zu den altgedienten Regierungschefs in Europa. Auch wenn seine Popularität zuletzt ein wenig nachgelassen hat, liegt seine Partei in Umfragen seit Monaten vorn.

Rutte trägt den Spitznamen „Teflon“, weil er immer wieder unbeschadet aus Krisen hervorgeht – wie zuletzt aus dem Skandal um Kinderbeihilfen, für den Rutte Anfang des Jahres die Verantwortung übernahm und wegen der er seinen Rücktritt erklärte, aber geschäftsführend im Amt blieb.

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss war zu dem Schluss gekommen, dass die Steuerbehörden zwischen 2013 und 2019 fälschlicherweise mehr als 20.000 Menschen des Betrugs bei Kinderbeihilfen beschuldigt hatten. Viele der Betroffenen mussten mehrere zehntausend Euro zurückzahlen. Rund 11.000 Menschen gerieten allein wegen ihrer doppelten Staatsbürgerschaft in den Fokus der Behörden.

Vor der letzten Wahl 2017 bestand europaweit die Sorge, dass der Rechtspopulist Wilders, der strohblonde Verfechter einer Anti-Islam-Politik, von einer Welle des Populismus zum Sieg getragen werden könnte – nach dem Brexit-Votum der Briten und dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA im Jahr zuvor.

Doch dieses Jahr räumt selbst Wilders ein, dass das Coronavirus den Schwung aus dem Wahlkampf genommen hat. „Die aktuelle Regierung ist jetzt ziemlich beliebt, zumindest der Regierungschef ist es, und außerdem neigen die Menschen in Krisenzeiten dazu, zusammenzuhalten“, sagte Wilders AFP. Für seine Wählerschaft sei Einwanderung immer noch das Topthema, „aber für den den normalen Niederländer ist Corona tatsächlich Thema Nummer eins“.

Zu Beginn der Pandemie hatten die Niederlande monatelang eine weniger strikte Corona-Politik verfolgt als die Nachbarländer. Mit der zweiten Welle wurden die Maßnahmen jedoch drastisch verschärft. Inzwischen gilt eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21.00 Uhr und 04.30 Uhr.

Die Restriktionen schränkten den Wahlkampf stark ein. Die meisten Parteien versuchten die Wählerschaft über TV-Debatten oder über Online-Netzwerke zu erreichen. Die einzige Partei, die große Wahlkampfveranstaltungen abhielt, war das populistische Forum für Demokratie von Thierry Baudet, der einen corona-skeptischen Ton anschlägt und einen Lockdown ablehnt. 

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