„Filmverbot“ bei Polizeieinsätzen soll in Frankreich Gesetz werden

Mit dem Handy filmen - Bild: marcobertoliphotography via Twenty20
Mit dem Handy filmen - Bild: marcobertoliphotography via Twenty20

Das französische Parlament hat am Donnerstag eines der umstrittensten Gesetze der Regierung von Präsident Emmanuel Macron besiegelt: Das „Gesetz für globale Sicherheit“. Demnach können Filmaufnahmen bestimmter Polizeieinsätze erstmals unter Strafe gestellt werden. Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und die Opposition warnen vor einer Einschränkung der Pressefreiheit und anderer Grundrechte. Auch UNO und EU haben Frankreich ermahnt:

WENIGER BILDER ZUM SCHUTZ DER POLIZEI?

Umstritten ist vor allem Artikel 24 des neuen „Gesetzes für globale Sicherheit“: Wer mutwillig die Identifizierung einzelner Polizisten ermöglicht und ihnen damit in der Folge „körperlichen oder psychischen Schaden“ zufügt, dem drohen laut dem nun beschlossenen Gesetz bis zu fünf Jahre Haft und 75.000 Euro Geldstrafe.

Journalistenverbände, die französische Menschenrechtsliga und Bürgerrechtsaktivisten sehen in dem Artikel ein „Filmverbot“. Sie argumentieren, dass bei einer solch massiven Strafandrohung niemand mehr Filme oder Fotos brisanter Polizeieinsätze veröffentlichen kann.

Innenminister Gérald Darmanin verteidigt die Novelle mit der Notwendigkeit zum Schutz der Polizei. Insbesondere seit den „Gelbwesten“-Protesten ab Ende 2018 klagen Sicherheitskräfte über persönliche Angriffe, nicht nur in Online-Netzwerken. Auch in der Debatte um Rassismus bei der Polizei fühlen sich viele Beamte zu Unrecht am Pranger.

Ursprünglich wollte Darmanin mit seiner Vorlage das traditionsreiche französische Gesetz zur Pressefreiheit von 1881 ändern; nach massiven Protesten strich der Senat diesen Verweis aber und fügte im Titel des Gesetzes an, dass es „die Freiheiten schützt“.

DROHNEN BEI DEMONSTRATIONEN

Umstritten ist auch ein Paragraph zum Einsatz von Drohnen bei Demonstrationen: Die französische Polizei kann die mit Kameras ausgestatteten Fluggeräte laut dem Gesetz künftig nutzen, wenn sie eine „schwerwiegende Störung der öffentlichen Sicherheit“ fürchtet. Kritiker warnen vor einer implizite Einschränkung des Demonstrationsrechtes.

BODY-CAMS FÜR POLIZISTEN

Organisationen wie Amnesty International warnen zudem vor Datenschutzverstößen durch den verstärkten Einsatz sogenannter Body-Cams. Die Bilder der mobilen Kameras am Leib von Polizisten dürfen künftig live in Kommandozentralen übertragen werden. Sie können zudem als Beweis für Strafzettel dienen.

VERFASSUNGSBEDENKEN

Gegen das Sicherheitsgesetz wurden Verfassungsbedenken laut, mehrfach gingen zehntausende Menschen dagegen auf die Straße. Der frühere Präsident François Hollande von der sozialistischen Partei sowie andere Vertreter von Linken und Grünen verlangten vergeblich eine Rücknahme der Novelle.

Wegen der massiven Kritik hat Frankreichs Regierungschef Jean Castex eine Anrufung des Verfassungsrats in Aussicht gestellt, um das Gesetz auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen. Erst danach könnte es in Kraft treten.

INTERNATIONALE MAHNUNGEN

Auch international stieß das Gesetz auf Skepsis: Der UN-Menschenrechtsrat warnte Frankreich vor allem im Zusammenhang mit dem Film-Artikel vor einer Einschränkung der Grundrechte. Die EU-Kommission will das Gesetz auf seine Übereinstimmung mit Europa-Recht prüfen, sobald es in Kraft ist.

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