Die Bundesregierung sieht das geplante Mercosur-Abkommen zum Freihandel zwischen der EU und Staaten Südamerikas derzeit mit Skepsis. Im Grundsatz stehe die Regierung zwar weiterhin „zu Geist und Intention dieses großen Abkommens“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Es gebe jedoch „ernsthafte Fragen, ob die Umsetzung des Abkommens in der intendierten Form derzeit gewährleistet ist“.
Seibert verwies dabei vor allem auf großflächige Abholzungen im Amazonasgebiet, welche die Bundesregierung „mit großer Sorge“ sehe. Er sprach von „schrecklichen Waldverlusten, die es dort gibt“. Zwar stehe die Unterzeichnung des Abkommens durch die EU-Staaten derzeit noch nicht an, aber mit Blick darauf „stellen sich Fragen“, sagte Seibert.
Umweltverbände fordern schon lange einen Verzicht auf das Abkommen, durch das sie schwere Nachteile für den Umwelt- und Klimaschutz befürchten. Der Vertrag war am Donnerstag auch ein Thema bei dem Gespräch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit führenden Aktivistinnen von Fridays for Future gewesen. Diese begrüßten anschließend, dass Merkel das Abkommen vorerst nicht unterzeichnen wolle.
Ein heikler Punkt ist das Kapitel zur Nachhaltigkeit in dem Vertrag. Zwar sei dieses „besser als alles, was es in früheren Abkommen gab“, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. Es unterliege aber nicht dem gleichen Sanktionsmechanismus wie andere teile des Abkommens. Daher sei es dafür „wichtig, dass ein guter Wille aller Beteiligten vorhanden“ sei. „Da hätten wir gerne eine größere Sicherheit“, sagte der Ministeriumssprecher.
„Wir intensivieren den Dialog, um konstruktive Lösungen zu finden“, sagte dazu Seibert. Grundsätzliche Kritik an dem intendierten Freihandel wies das Umweltressort zurück. „Welthandel ist für den Klimaschutz nicht per se schlecht“, sagte der Sprecher. Es komme, darauf an, was gehandelt werde und mit welchen Transportwegen und Transportmitteln.
„Niemand darf glauben, dass dieses Abkommen mit all seinen fundamentalen Fehlern mit ein paar kleinen Korrekturen zu retten wäre“, erklärte dagegen Gesche Jürgens von Greenpeace. „Das Abkommen steht gegen europäische Werte und für eine Handelspolitik aus dem letzten Jahrhundert.“ Merkel müsse es „komplett ablehnen“ und sich für einen grundlegend neuen Vertrag einsetzen, der „soziale Gerechtigkeit und den Schutz von Klima und Biodiversität in den Mittelpunkt stellt“.
Zur Mercosur-Gruppe gehören Brasilien, Argentinien und weitere Staaten Südamerikas. Vor allem in Brasilien wurde noch nie so viel Regenwald abgeholzt wie in der ersten Jahreshälfte 2020 und zwar mit offensichtlicher Billigung der Regierung. Experten befürchten dramatische Folgen mit Blick auf den Klimawandel, der dadurch weiter befeuert wird.