Viel Kritik an neuem Rückgang bei Ausbildungsförderung für Schüler und Studenten

Symbolbild: Geld
Symbolbild: Geld

Die Zahl der Bafög-Empfänger in Deutschland ist im vergangenen Jahr um fast 50.000 gesunken. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag mitteilte, erhielten 2019 rund 680.000 Studierende und Schüler Zuschüsse nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Das waren 47.000 Menschen weniger als 2018. Die Regierung auf der einen sowie Studentenvertreter, Gewerkschaften und Opposition auf der anderen Seiten interpretierten die Zahlen unterschiedlich.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) erklärte in Berlin, die Statistik spiegle die sehr gute wirtschaftliche Ausgangslage wider, in der sich Deutschland vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie befunden habe. „Wir müssen uns jedoch heute darauf einstellen, dass die auf absehbare Zeit angespannte wirtschaftliche Lage aller Voraussicht nach“ auch zu einer erhöhten Bafög-Nachfrage führen könne.

Demgegenüber sprach das Deutsche Studentenwerk in Berlin von einer von ihm vorausgesagten weiteren „Talfahrt“. Die Zahl der Bafög-Empfänger sei bereits das siebte Jahr in Folge gesunken. Es bekräftigte seine Forderungen nach einer deutlichen Anhebung insbesondere der Elternfreibeträge sowie einer grundlegenden „strukturellen“ Reform des gesamten Bafög-Systems.

Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisierte in Frankfurt am Main, der Anteil der Bafög-Empfänger unter den Studenten sei nach dem neuen Rückgang auf nur noch elf Prozent gesunken. Das sei ein neues Allzeittief und mache dringend Gegenmaßnahmen nötig. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte von der Regierung Nachbesserungen.

Der Grünen-Hochschulexperte Kai Gehring sprach von einer „Bankrotterklärung“ Karliczeks. Das Bafög sei „so kaputt gespart, dass nur noch eine Minderheit der Studierenden Ausbildungsförderung erhält“, erklärte der Bundestagsabgeordnete. Die Corona-Pandemie verschärfe die Missstände weiter. Nötig sei eine generelle Bafög-Reform mit höheren Fördersätzen.

Auch die Linke und die FDP im Bundestag forderten eine Reform. Die Ausbildungsförderung müsse endlich zu einem „bedarfsdeckenden Instrument“ ausgebaut werden, erklärte die Linken-Hochschulexpertin Nicole Gohlke. Ihr FDP-Kollege Jens Brandenburg fordert eine „grundlegende Strukturreform zu einer elternunabhängigen Förderung“.

Auch aus den Reihen des Regierungspartners SPD kam Kritik an Karliczek. „Es war ein schwerer Fehler von ihr, in der Corona-Krise das Bafög nicht für kurzfristig notleidende Studierende zu öffnen“, erklärte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek. Sollte sich im Herbst herausstellen, dass die von der Koalition eigentlich angepeilte Trendumkehr bei Bafög-Empfängern gefährdet sei, werde „die SPD gesetzliche Nachbesserungen noch in dieser Wahlperiode verlangen“.

Der Unionshochschulexperte Albert Rupprecht (CSU) verteidigte die Regierung gegen Kritik. Die aktuelle Statistik habe „nur bedingte Aussagekraft“ im Hinblick auf den Erfolg der im vorigen Jahr beschlossenen Bafög-Reform, erklärte er in Berlin. Wesentliche Wirkungen würden sich erst ab diesem Jahr einstellen. Die Union gehe davon aus, dass die Empfängerzahl steigen werde.

Laut Statistischem Bundesamt bezogen insgesamt 489.000 Studenten Bafög – und damit deutlich mehr als Schüler. Durchschnittlich erhielten Geförderte monatlich 503 Euro – 21 Euro mehr als im Vorjahr. Dem Statistikamts zufolge lagen die Ausgaben für Bafög-Leistungen im vergangenen Jahr bei 2,6 Milliarden Euro. Damit sanken sie im Vergleich zum Vorjahr um rund 84 Millionen Euro.

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