Längst keine Einzelfälle – Rechtsextremismus in der Polizei wachsendes Problem

Symbolbild: Polizei-Streifenfahrzeuge
Symbolbild: Polizei-Streifenfahrzeuge

Der Rechtsextremismusskandal bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen ist ein neuer Fall in einer ganzen Reihe ähnlicher Vorfälle. Ob die Drohbriefe vom Absender „NSU 2.0“, Unterstützung für die rechtsextreme „Gruppe S.“ oder ausländerfeindliche Hetze – die Liste der Vorwürfe wächst. Fälle aus der jüngeren Zeit:

FALLZAHLEN

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sagte schon Ende vergangenen Jahres, es gebe „zu viele Einzelfälle“ rechtsextremistischer Umtriebe bei der Polizei und warf die Frage auf, ob es Netzwerke gebe. Im August berichtete der „Spiegel“ unter Berufung auf Angaben von Bund und Ländern, dass in den vergangenen Jahren mindestens 400 Verdachtsfälle von rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Umtrieben unter Polizisten und Polizeianwärtern aktenkundig geworden seien.

Dies entspricht bei etwa 260.000 Polizisten in Deutschland weniger als 0,2 Prozent der Polizisten. Trotz des geringen Anteils fällt auf, dass gerade in jüngerer Zeit verschiedene neue Fälle hinzukamen. In dem neuen Fall in Nordrhein-Westfalen gibt es einen Volksverhetzungsverdacht gegen elf Polizisten, gegen insgesamt 29 Beamte wurden Disziplinarverfahren eingeleitet.

„NSU 2.0“

Fast hundert rechtsextreme Drohschreiben mit dem Absender „NSU 2.0“ in Anlehnung an die für zehn Morde und zwei Bombenanschläge verantwortliche rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) beschäftigten seit 2018 die Ermittler. Die Absender der Schreiben griffen auch auf Polizeicomputer zu und nutzten dabei gewonnene Daten. Zwölf Briefe soll ein ehemaliger bayerischer Polizist verschickt haben, der im Juli enttarnt wurde.

„GRUPPE S.“

Die im Februar aufgeflogene rechtsextreme Gruppe soll einen Polizeimitarbeiter als Unterstützer gehabt haben. Der bei der Polizei im nordrhein-westfälischen Hamm tätige Mann soll dort Waffenscheine ausgestellt haben. Die Polizei musste einräumen, Hinweise auf seine Gesinnung nicht verfolgt zu haben. So trug der Verdächtige ungeahndet für die rechte Szene typische Kleidung und hatte Reichskriegsflaggen auf dem Balkon.

„NORDKREUZ“

Die 2017 aufgeflogene rechtsextreme Gruppe besteht zum großen Teil aus Verdächtigen aus dem Umfeld von Polizei und Bundeswehr. Im vergangenen Dezember verurteilte das Landgericht Schwerin einen ehemaligen SEK-Polizisten aus der Gruppe zu einer Bewährungsstrafe. Er soll rechtsextremes Gedankengut verbreitet sowie Waffen und Munition gehortet haben – Ermittler entdeckten bei ihm mehr als 50.000 Schuss Munition, die zum Teil aus Beständen von Polizei und Bundeswehr stammten.

POLIZEISCHÜLER

Im baden-württembergischen Lahr wurden im Februar sieben Polizeischüler entlassen, die in einer Chatgruppe nationalsozialistische und antisemitische Nachrichten ausgetauscht haben sollen. Beim Bundeskriminalamt fielen im Februar drei Kommissaranwärter durch einen Chat auf – einer soll ein Hitler-Bild gepostet und vorgeschlagen haben, sich zu Halloween als der antisemitsche Attentäter von Halle zu verkleiden.

REICHSBÜRGER UND VERSCHWÖRUNGSTHEORETIKER

Wiederholt tauchten Polizisten auch in verschiedenen Zusammenhängen in der Reichsbürgerszene auf, welche die Bundesrepublik und das Grundgesetz nicht akzeptiert und teilweise auch offen rechtsextrem ist. Auch unter Verschwörungstheoretikern bei Demonstrationen gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen traten Polizisten auf – in Bayern etwa laufen gegen drei als Redner aufgetretene Polizisten deshalb Disziplinarverfahren.

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