Trump und Biden treffen am Dienstag bei erster Fernsehdebatte aufeinander

Symbolbild: Wahlen in den USA
Symbolbild: Wahlen in den USA

Es wird ein Höhepunkt im Wahlkampf – und Tiefschläge sind programmiert. Fünf Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl treten am Dienstagabend Amtsinhaber Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden in einem ersten Fernsehduell gegeneinander an. Der Druck auf beide ist gewaltig: Trump muss vor der Wahl am 3. November einen deutlichen Umfragerückstand wettmachen. Und der für Patzer und Versprecher bekannte Biden muss unter allen Umständen vermeiden, sich vor dutzenden Millionen Fernsehzuschauern grobe Schnitzer zu leisten.

Ruppig dürfte es ohne Frage zugehen, wenn der 74-jährige Präsident und sein drei Jahre älterer Herausforderer in der Case Western Reserve University in Cleveland aufeinander treffen. „Ich erwarte wirklich ein Feuerwerk“, sagt der Politikwissenschaftler David Cohen. „Das sind zwei Männer, die sich nicht mögen.“

Trump hat Biden über Monate attackiert und verspottet, ihn als „schläfrigen Joe“ und „Marionette der radikalen Linken“ verunglimpft und seine geistige Fitness in Frage gestellt. Im August regte der Republikaner „Dopingtests“ vor dem Fernsehduell an, damit sein Rivale von den oppositionellen Demokraten sich nicht heimlich aufputschen könne.

Er sei auf „persönliche Angriffe und Lügen“ eingestellt, sagte Biden drei Tage vor der Debatte dem Sender MSNBC. „Meine Vermutung ist, dass es ein einziger Frontalangriff wird.“ Dabei verglich Biden den amtierenden Präsidenten mit NS-Reichspropagandaminister Joseph Goebbels. Trump sei „in etwa so wie Goebbels“: „Man erzählt eine Lüge lange genug, wiederholt sie immer wieder, wiederholt sie, wiederholt sie, und sie gilt als Allgemeinwissen.“

Der frühere Vizepräsident dürfte den Präsidenten in der TV-Debatte vor allem für die verheerende Corona-Bilanz mit bereits mehr als 200.000 Toten verantwortlich machen. Neben der Pandemie wird es bei dem 90-minütigen Duell auch um die Anti-Rassismus-Proteste, die wirtschaftliche Lage, die Integrität der Wahlen und die umstrittene Neubesetzung eines Posten am Obersten Gerichtshof des Landes gehen. 

Moderiert wird das Streitgespräch von dem Journalismus-Veteranen Chris Wallace, der zwar für den Trump-freundlichen Nachrichtensender Fox News arbeitet, zugleich aber als unabhängiger Kopf gilt. Im Juli hatte er den Präsidenten in einem Interview ins Schwitzen gebracht und ihm falsche oder irreführende Aussagen nicht durchgehen lassen. Diese Qualitäten dürften auch am Dienstagabend gefragt sein.

Die Spannung vor dem TV-Duell ist enorm – dabei hatten die Präsidentschaftsdebatten in den vergangenen Jahrzehnten nur sehr selten Einfluss auf den Wahlausgang. 

Auch in diesem Jahr argumentieren viele Experten, dass sich die meisten Wähler in dem polarisierten Land ohnehin schon eine Meinung gebildet hätten. Andere heben dagegen hervor, in einem engen Rennen könnten schon wenige Stimmen entscheidend sein – und dass der Kampf um die Unentschlossenen deswegen von großer Bedeutung ist.

Auch in der Frage, wer bei den insgesamt drei Fernsehduellen mehr zu gewinnen und zu verlieren hat, gehen die Expertenmeinungen auseinander. Politologe Cohen legt den Fokus auf Biden, der inmitten der Corona-Pandemie neben dem daueraktiven Trump kaum in Erscheinung getreten ist: Von ihm wollten sich die Wähler ein Bild machen.

Dagegen sieht der Politikwissenschaftler David Barker den Amtsinhaber unter Zugzwang – weil er in Umfragen hinten liegt. „Trump muss die Gleichung dramatisch verändern. Biden darf es einfach nur nicht vermasseln.“

Doch gerade das befürchten viele Demokraten: Bidens verbale Aussetzer sind legendär. Und während Trump Übertreibungen und Unwahrheiten mit beispiellosem Selbstbewusstsein von sich gibt, bekommt Biden oftmals Sätze nicht geordnet zu Ende. Der 77-Jährige gilt zudem als dünnhäutig und kann auch bei kleinen Provokationen aus der Haut fahren.

Zugleich sind gerade deswegen die Erwartungen an Biden nicht sehr hoch: Eine solide Leistung dürfte ihm schon als Sieg ausgelegt werden. Oder wie es Politologe Barker sagt: „Einfach lächeln, einen Witz erzählen, kompetent auf Fragen antworten.“

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