Es ist bezeichnend für den Bruch im Leben des Wolfgang Clement, dass nicht die SPD, sondern die FDP zuerst zu seinem Tod kondolierte. Als Sozialliberalen, der sich Zeit seines Lebens für sozialen Aufstieg, Arbeit und Wachstum eingesetzt habe, würdigte ausgerechnet FDP-Chef Christian Lindner den Verstorbenen. Dabei verkörperte der gebürtige Bochumer Clement lange wie kaum ein anderer die Modernisierung der Arbeiterpartei SPD – doch irgendwann war der Bruch mit dem gern quer schießenden Clement nicht mehr zu kitten.
Im Sommer, kurz nach seinem 80. Geburtstag am 7. Juli, war bekannt geworden, dass der frühere Raucher an Lungenkrebs erkrankt war. Nur wenige Wochen nach dieser Nachricht starb er in der Nacht zu Sonntag in seinem Haus in Bonn – Clement hinterlässt seine Frau Karin, mit der er fünf Töchter hat und dreizehn Enkelkinder.
Zu seinem 80. Geburtstag zitierte Clement vor ein paar Wochen gegenüber dem WDR Goethe und gab auch gleich seine persönliche Interpretation dazu ab. „Nichts wird rechts und links mich kränken, folg ich kühn dem raschen Flug. Wollte jemand anders denken, ist der Weg ja breit genug“, schrieb der Dichter. „Das heißt: Ich habe nicht die Absicht, mich zu ändern“, schlussfolgerte Clement.
Diese manchen als standfest, anderen als stur erscheinende Grundhaltung dürfte auch einer der Gründe sein, weshalb es 2008 nach 38 Jahren Parteimitgliedschaft zum Bruch zwischen Clement und der SPD kam. Damals leitete die Partei angetrieben ausgerechnet von einem Ortsverein aus Clements Heimatstadt Bochum ein Ausschlussverfahren gegen ihn ein, nachdem er die damalige hessische SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti angegriffen hatte.
Bevor ihn seine Partei maßregeln konnte, trat Clement selbst aus – und nannte sich fortan Sozialdemokrat ohne Parteibuch. Als solcher arbeitete er allerdings gegen die eigene Partei, indem er wiederholt für die FDP warb.
Clement studierte Jura und arbeitete als Politikredakteur. In den 70er Jahren verfolgte er zunehmend seine Parteikarriere, ab 1981 war er Sprecher des SPD-Bundesvorstandes.
Der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau holte ihn 1989 als Chef in seine Staatskanzlei. Er wurde 1998 Nachfolger von Rau als Ministerpräsident.
Nach dessen eher väterlicher Attitüde gab Clement den anpackenden Regierungschef. In Zeiten großer Jugendarbeitslosigkeit klapperte er persönlich Betriebe ab und brachte diese dazu, Ausbildungsplätze zu schaffen. Viel Energie setzte er dafür ein, Nordrhein-Westfalen als Medienstandort zu stärken.
In der am Ende nur eine Legislaturperiode bis 2002 dauernden Amtszeit erwarb sich Clement den Ruf eines wirtschaftsfreundlichen Modernisierers, der allerdings so schnell voranging, dass es manchem in der rot-grünen Landesregierung den Atem verschlug.
Genau solch eine Tatkraft benötigte aber der 1998 erstmals zum Bundeskanzler gewählte Gerhard Schröder (SPD) für seine zweite Amtszeit und holte Clement in die Bundesregierung. Ab 2002 wurde er ein „Superminister“ für Wirtschaft und Arbeit.
Clement setzte die damals von Schröder gegen den Willen der Gewerkschaften und Parteilinken durchgesetzten Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt in die Tat um. Als die Proteste dagegen überhand nahmen, riet er Schröder dazu, vorgezogene Neuwahlen anzusetzen. „Wir wären doch bewegungsunfähig gewesen“, begründete Clement dies damals angesichts der Zerrissenheit der SPD.
Die Wahl 2005 gewann Angela Merkels CDU nur knapp und musste mit der SPD ihre erste große Koalition bilden; für Clement war darin kein Platz mehr.“Ich werde jetzt von meinen Freiheitsrechten ausgiebig Gebrauch machen“, verabschiedete er sich damals. Clement arbeitete fortan in der Wirtschaft für verschiedene Unternehmen, wurde Schlichter in Tarifkonflikten und Kolumnist. Ein freies Leben, in das die SPD nicht mehr passte.