Opposition sieht Scheuer nach Befragung im U-Ausschuss in „schwerem Fahrwasser“

Bundestag, Berlin
Bundestag, Berlin

Nach den widersprüchlichen Aussagen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Betreiberfirmen im Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Pkw-Maut will die Opposition die Gangart verschärfen. FDP, Grüne und Linkspartei kritisierten die Erklärungen Scheuers am Freitag als unzureichend und lückenhaft; sie wollen nun ein Kreuzverhör aller Zeugen beantragen. Wie zuvor schon FDP und Linke legten die Grünen Scheuer den Rücktritt nah. Die SPD äußerte sich zurückhaltend.

Scheuer und die Firmenvertreter waren ab Donnerstagvormittag in einer insgesamt gut 17 Stunden dauernden Marathonsitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses befragt worden. Die Betreiber sagten aus, sie hätten Scheuer bei einem Treffen im November 2018 angeboten, die Unterzeichnung der Mautverträge bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu verschieben. 

Der Minister wies die Darstellungen im Ausschuss vehement zurück. Umstritten blieben auch die Gründe für die spätere Kündigung der Mautverträge durch das Verkehrsministerium. Das EuGH hatte die Mautpläne im Juni 2019 überraschend gekippt, woraufhin Scheuer umgehend die Kündigung der im Dezember 2018 geschlossenen Verträge veranlasste.

Scharfe Kritik am Auftritt Scheuers vor dem Untersuchungsausschuss kam von den Grünen. Der Minister habe sich „nicht entlasten“ können und befinde sich „weiter in schwerem Fahrwasser“, sagte Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn. Die Manager der Betreiberfirmen CTS Eventim und Kapsch TrafficCom dagegen hätten „plausibel und glaubwürdig vorgetragen, dass es das Angebot gab, mit der Unterschrift der Mautverträge zu warten, bis ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vorliegt“.

Kühn legte Scheuer daher einen Rücktritt nahe: „Der Minister wird immer mehr zur Belastung für die gesamte Bundesregierung und sollte deshalb die Konsequenzen ziehen.“

Auch die FDP bezeichnete die Aussagen der Firmenvertreter vor dem Untersuchungsausschuss als glaubwürdig. „Sie haben in vielen Details beschrieben, was da passiert ist“, sagte FDP-Obmann Christian Jung im „ARD-„Morgenmagazin“.

Angesichts der massiven Widersprüche wollen Grüne, FDP und Linkspartei nun gemeinsam ein Kreuzverhör in Form einer Gegenüberstellung Scheuers und der Firmenvertreter beantragen. Das Kreuzverhör könne „höchst peinlich“ für Scheuer und die CSU werden, „weil es dann unter Umständen die komplette Unseriösität der Partei zeigt“, sagte Jung.

Die SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss, Kirsten Lühmann, sieht dagegen keinen Beweis dafür, dass Scheuer über seine Gespräche mit den Betreiberfirmen log. Zwar hätten die Firmenvertreter „sehr schlüssig“ darlegen können, wie die Gespräche aus ihrer Sicht abgelaufen seien. sagte sie am Freitag im SWR. Dagegen hätten Scheuer und sein ebenfalls befragter früherer Staatssekretär  mehrfach auf „Erinnerungslücken“ hingewiesen. Allerdings stehe nun Aussage gegen Aussage.

Skeptisch äußerte sich Lühmann mit Blick auf das von der Opposition geforderte Kreuzverhör. Wenn sich Scheuer auf Erinnerungslücken berufe, werde auch die Anwesenheit der anderen Partei nichts daran ändern, sagte die SPD-Obfrau dem Sender.

Scheuer hatte in der Nacht zum Freitag vor dem Ausschuss frühere, im Bundestag gemachte Aussagen wiederholt, wonach es bei einem Treffen mit den Chefs der Betreiberfirmen CTS Eventim und Kapsch TrafficCom am 29. November 2018 „nach meiner Erinnerung“ kein Angebot über einen Aufschub der Vertragsunterzeichnung gegeben habe. Es habe auch „gar keine Veranlassung“ bestanden.

Ganz anders äußerten sich die Mautbetreiber vor dem Ausschuss geäußert. Der Vorstandsvorsitzende von CTS Eventim, Klaus-Peter Schulenberg, sagte, er habe dem Minister bei dem Treffen im November 2018 eine Verschiebung der Vertragsunterzeichnung vorgeschlagen. Damit hätte Zeit für weitere Gespräche über die Finanzierung gewonnen und das Urteil des EuGH abgewartet werden können. Der Vorstandschef der österreichischen Betreiberfirma Kapsch TrafficCom, Georg Kapsch, bestätigte diese Schilderungen weitgehend.

Zudem widersprachen Schulenberg und Kapsch dem von Scheuer vorgebrachten Kündigungsgrund für die Mautverträge nach dem EuGH-Urteil. Anders als von Scheuer angegeben, habe es keine Probleme bei der Umsetzung der Mautpläne gegeben. Die Betreiber fordern eine Entschädigung von gut einer halben Milliarde Euro.

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