Wirecard-Ausschuss will Merkel sowie Minister Scholz und Altmaier befragen

Ausschusssitzung im Bundestag - Bild: Achim Melde/Bundestag
Ausschusssitzung im Bundestag - Bild: Achim Melde/Bundestag

Der Wirecard-Untersuchungsausschuss will eine ganze Reihe prominenter Bundespolitiker bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Skandal um den insolventen Münchner Zahlungsdienstleister befragen. Neben Merkel werden unter anderem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorgeladen, wie der finanzpolitische FDP-Sprecher Florian Toncar am Donnerstag vor der konstituierenden Ausschusssitzung in Berlin sagte. 

Auch Finanz-Staatssekretär Jörg Kukies und der inhaftierte Ex-Wirecard-Chef Markus Braun stehen demnach auf der Zeugenliste der Abgeordneten. Im Zusammenhang mit Merkels China-Reise im September 2019 ist außerdem Ex-Bundesminister und Wirecard-Lobbyist Karl-Theodor zu Guttenberg als Zeuge vorgesehen. Merkel habe sich „ausschließlich“ auf seine Bitte in China für den Markteintritt von Wirecard eingesetzt.

Wann Merkel selbst dem Ausschuss Rede und Antwort stehen soll, ist laut Toncar noch nicht entschieden. Neben ihrer Reise könne im Laufe der Sitzungen auch noch ihre „politische Gesamtverantwortung“ zum Thema werden – daher solle sie wie die übrigen Politiker „eher am Ende des Untersuchungszeitraums aussagen“. 

Zuerst will der Ausschuss ab Ende Oktober Sachverständige und Fachleute anhören. Laut ZDF soll dann auch „Financial Times“-Journalist Dan McCrum aussagen, der den Skandal aufgedeckt hatte.

Danach werde sich der Ausschuss „Stück für Stück an der Zeugenliste vorarbeiten“, sagte Linken-Fraktionsvize Fabio de Masi im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Abgeordneten wollen klären, „wie es sein kann, dass in Deutschland 1,9 Milliarden Euro aus einer Bilanz eines Unternehmens verschwinden, ohne dass die Finanzaufsicht etwas mitbekommt“. Mit Blick auf neue digitale Geschäftsmodelle müsse verhindert werden, „dass sich so etwas in Zukunft wieder ereignet“.

Der U-Ausschuss soll mögliche Versäumnisse im Umgang der Bundesregierung und ihrer Behörden mit dem Fall Wirecard aufklären. Das Gremium wurde von den Oppositionsfraktionen der Linken, Grünen und FDP beantragt. Toncar kritisierte, die Mitgliederzahl sei kurzfristig von 18 auf die Minimalgröße von neun verkleinert worden – wohl vor allem auf Drängen der SPD. Das zeige, dass im Finanzministerium „viel mehr Nervosität“ vorhanden sei, „als da nach außen dargestellt wird“.

In der nicht öffentlichen Auftaktsitzung am Donnerstag sollte es in erster Linie um den Ausschussvorsitz gehen. Er steht turnusmäßig der AfD zu, dagegen gibt es jedoch Vorbehalte. FDP-Obmann Toncar wollte sich auf „keine klare Tendenz“ festlegen. Er selbst werde nicht für den AfD-Abgeordneten Kay Gottschalk stimmen, sagte er. Wichtiger als diese Personalie sei aber, „dass wir jetzt keine Zeit verlieren“.

Wirecard soll jahrelang seine Bilanzen gefälscht haben. Insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die auf Konten in Asien liegen sollten, sind nicht auffindbar. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Wegen des Skandals ging der Zahlungsdienstleister in die Insolvenz und wurde aus dem Dax gestrichen.

Finanzminister Scholz hatte am Mittwoch einen Aktionsplan für eine bessere Aufsicht der Finanzmärkte vorgestellt. Gemeinsam mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will er dazu einen Gesetzesentwurf vorlegen, wonach die Bafin künftig direkt eingreifen kann, ohne auf die Ergebnisse der Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) warten zu müssen. Außerdem soll es unter anderem eine stärkere Unabhängigkeit der Abschlussprüfer geben. Der Plan sei „kein politischer Fortschritt“ sondern eher ein „Entlastungsmanöver“ von Scholz, kritisierte Toncar.

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