EU-Kommission will Europa unabhängiger von Arznei-Lieferanten aus Asien machen

Rezeptpflichtige Medikamente
Rezeptpflichtige Medikamente

Die EU will bei der Versorgung mit Medikamenten unabhängiger von Lieferanten in Asien und anderen Teilen der Welt werden. Die Corona-Pandemie habe „deutlich gemacht, wie wichtig es ist, unsere Gesundheitssysteme zu stärken“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch. Mit einer neuen pharmazeutischen Strategie will die Behörde demnach den Zugang zu „sicheren, wirksamen und hochqualitativen Medikamenten zu erschwinglichen Preisen“ sicherstellen.

In der Corona-Krise hatte es Befürchtungen zu Engpässen bei wichtigen Medikamenten gegeben. Grund war die Stilllegung weiter Teile der Produktionskapazitäten in wichtigen Herstellerländern wie China oder Indien, um die Pandemie zu bekämpfen. 

Die Pharmaindustrie hatte in den vergangenen Jahren aus Kostengründen wichtige Teile ihrer Produktion nach Asien verlagert. Auch vor der Corona-Krise hatte es deshalb in Europa immer wieder Befürchtungen einer Verknappung wichtiger Medikamente wie Antibiotika gegeben.

Die Kommission will nun die grundlegende Überarbeitung der pharmazeutischen Gesetzgebung angehen und 2022 einen Vorschlag für ihre Reform vorlegen. In einem Dialog mit der Industrie und Politik sollen dazu Schwächen in den globalen Lieferketten für wichtige Medikamente identifiziert werden. 

Zudem wirbt die Kommission für mehr Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beschaffung und der Preispolitik und will Forschung und Entwicklung im Gesundheitsbereich fördern – etwa mit Blick auf spezielle Arzneimittel für Kinder oder gegen seltene Krankheiten. Ein Schwerpunkt ist auch die Suche nach Alternativen wegen Resistenzen bei Antimikrobiotika und Leitlinien für ihren optimalen Einsatz.

Im zweiten Halbjahr 2021 will die Kommission zudem eine bereits angekündigte EU-Behörde für Gesundheitsnotfälle (Hera) auf den Weg bringen. Daneben hatte Brüssel in der ersten November-Hälfte auch angekündigt, die EU-Arzneimittelbehörde EMA auszubauen. Sie soll künftig stärker die Versorgungslage auf dem Medikamentenmarkt im Blick behalten, um Engpässe gerade in Krisen zu verhindern.

Der CDU-Europapolitiker Peter Liese begrüßte die Pläne. In der Corona-Krise habe die gemeinsame Impfstoffbeschaffung der Mitgliedstaaten zwar gut funktioniert, es gebe aber keine bestehenden Strukturen dafür, erklärte er. „Auf zukünftige Pandemien müssen wir besser vorbereitet sein und einen Mechanismus haben, der bereits zu Beginn des Problems funktioniert.“

Die EU ist der zweitgrößte Markt für Arzneimittel weltweit. Die Ausgaben dafür beliefen sich laut Kommission im Jahr 2018 auf 190 Milliarden Euro, wobei Ausgaben in Krankenhäusern noch nicht eingerechnet sind. Gleichzeitig ist die Pharmaindustrie trotz der teilweisen Produktionsverlagerung nach Asien weiter ein wichtiger Wirtschaftszweig. Sie beschäftigt Brüssel zufolge in der EU 800.000 Menschen.

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