Der Präsident des Deutschen Pflegetags, Franz Wagner, hat konkrete Verbesserungen für Pflegekräfte in der Corona-Pandemie und eine grundsätzliche Neuausrichtung gefordert. Die Pandemie sei ein „Stresstest für das gesamte Gesundheitssystem“, sagte Wagner am Mittwoch zur Eröffnung des Pflegetags in Berlin. Es müsse jetzt gegengesteuert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dankte den Pflegekräften für ihren Einsatz und forderte, Besuchsmöglichkeiten in Pflegeeinrichtungen in der Pandemie so wenig wie möglich einzuschränken.
Es müssten auch Lehren aus der Pandemie für künftige Krisen gezogen werden, forderte Wagner. Die professionelle Pflege brauche mehr Personal, dabei sei viel Zeit verloren worden. Jetzt müssten die Zeichen der Zeit erkannt werden.
Wagner übte scharfe Kritik an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Bislang spüren wir in der Pflege kaum Verbesserungen, im Gegenteil“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Damit die Arbeitslast senke, müsse Spahn „endlich grünes Licht für eine Personalbemessung im Krankenhaus geben, die den tatsächlichen Bedarf feststellt“.
Bundeskanzlerin Merkel sagte in einer Videobotschaft zur Eröffnung des Pflegetags, die Aufgabe der Pflege sei schon vor Corona „anspruchsvoll“ gewesen. Doch unter den Bedingungen der Pandemie seien die Herausforderungen noch „ungleich schwieriger“.
Mit Blick auf Besuchsmöglichkeiten in Pflegeeinrichtungen sagte sie, der Schutz der Gesundheit von Pflegebedürftigen habe höchste Priorität, aber Schutz allein könne nicht die ganze Antwort sein. Gerade ältere Menschen litten unter Einsamkeit. „Daher ist es wichtig, alle Spielräume für Besuche und soziale Kontakte auszuschöpfen“, sagte Merkel.
Grüne und Linke forderten bessere Bedingungen für Pflegekräfte. „Die Corona-Pandemie mag unser Gesundheitssystem an seine Belastungsgrenzen bringen – sie stellt zugleich aber auch eine Chance dar, längst überfällige und grundlegende Verbesserungen in der professionellen Pflege zu schaffen“, erklärte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kordula Schulz-Asche. Die Linken-Abgeordnete Pia Zimmermann kritisierte: „Schöne Worte sorgen nicht für bessere Bezahlung und mehr Personal in der Pflege.“
Gesundheitsminister Spahn will offenbar Kinderlose mit einem um 0,1 Prozentpunkte höheren Beitrag für die Pflegeversicherung belasten. Das Geld solle in den sogenannten Pflegevorsorgefonds fließen, berichteten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) aus einem Eckpunktepapier des Ministeriums. Der Fonds ist für die Zeit ab 2035 gedacht, wenn rein rechnerisch die geburtenstarken Jahrgänge pflegebedürftig werden. Schon heute zahlen Kinderlose ab 23 Jahren einen um 0,25 Prozentpunkte höheren Beitragssatz als Mütter und Väter.
Aktuell liegt der Satz für Eltern bei 3,05 Prozent und für Kinderlose bei 3,3 Prozent. Das Eckpunktepapier für eine Pflegereform 2021 enthält dem Bericht zufolge auch eine Reihe von Neuerungen, die vor allem Pflegebedürftige und ihre Angehörigen entlasten sollen.
Das Bundesgesundheitsministerium wollte sich zu den Inhalten des Eckpunktepapiers nicht äußern. „Es laufen derzeit Gespräche mit der Regierungsfraktionen über die Details der kommenden Pflegereform“, teilte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage mit.