Staatssekretär Kukies sprach mit Ex-Wirecard-Chef Braun über Manipulation

Jörg Kukies - Bild: Bundesministerium der Finanzen / Photothek
Jörg Kukies - Bild: Bundesministerium der Finanzen / Photothek

Vor der Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Wirecard-Skandal hat ein Medienbericht die bisherigen offiziellen Schilderungen eines Treffens zwischen dem Ex-Chef des Münchner Finanzdienstleisters, Markus Braun, und Finanzstaatssekretär Jörg Kukies (SPD) infrage gestellt. In einer internen Mail aus dem Finanzministerium kurz vor dem Treffen am 5. November 2019 habe Kukies‘ persönlicher Referent die zuständige Abteilung um eine Gesprächsvorbereitung gebeten, wobei das einzige Thema der Vorbereitung „Kurs- und Marktmanipulationen bei Wirecard“ sein sollte, berichtete der Fernsehsender ZDF am Mittwochabend.

Bislang hatte das Finanzministerium gegenüber den Abgeordneten des Finanzausschusses den Eindruck erweckt, bei dem Gespräch habe es sich um ein Routinetreffen mit einer großen Palette an Themen gehandelt. Braun, der mittlerweile in Bayern in U-Haft sitzt, soll am Donnerstag im Untersuchungsausschuss von den Abgeordneten befragt werden.

„Statt dass man Wirecard Polizeibeamte ins Haus schickt, lädt sich der Staatssekretär selbst bei Wirecard ein, um über die Vorwürfe zu sprechen. Ich habe dafür überhaupt keine vernünftige Erklärung“, sagt der FDP-Finanzpolitiker und Obmann im Wirecard-Untersuchungsausschuss Florian Toncar dem ZDF. Wahrscheinlich sei das Gespräch für den Wirecard-Chef viel wichtiger gewesen als für den Staatssekretär, der zugleich auch den Verwaltungsrat der Finanzaufsicht Bafin leitet. „Bei Wirecard gab es damals schon die Sorge, dass man dem Betrug auf die Schliche kommt. Da war es für das Unternehmen wichtig zu wissen, wie der Aufseher denkt.“

Toncar will das Thema am Donnerstag in der Vernehmung von Markus Braun ansprechen. Dessen Aussageverweigerungsrecht beziehe sich nur auf Aussagen, mit denen er sich selbst belasten könnte. Über Gespräche mit der Politik müsse Braun dem Untersuchungsausschuss daher Rede und Antwort stehen.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss soll mögliche Versäumnisse der Bundesregierung und der Behörden im Fall Wirecard aufklären. Das Zahlungsdienstleistungsunternehmen hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet. Es soll jahrelang seine Bilanzen gefälscht haben. Insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten in Asien liegen sollten, sind nicht auffindbar. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs.

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