Ob aufgedrängte Verträge per Telefon oder ungewollte Vertragsverlängerungen: In solche mitunter teuren Kostenfallen geraten viele Verbraucher. Die Bundesregierung hat deshalb nun einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Verbraucherverträge „fairer“ machen soll. Doch es gibt auch Kritik.
WAS IST DAS PROBLEM?
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), aus deren Haus der Gesetzentwurf für „faire Verbraucherverträge“ stammt, beklagt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher „viel zu häufig über den Tisch gezogen und benachteiligt“ würden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte hierzu im September und Oktober repräsentativ tausend Menschen ab 18 Jahren vom Institut Forsa befragen lassen. Das Ergebnis: Fast jeder Vierte (24 Prozent) ist nach eigenen Angaben von ungewollten Vertragsverlängerungen betroffen. Knapp jeder Fünfte (19 Prozent) hat mindestens einen Vertrag, den er überhaupt nicht abschließen wollte.
WAS SOLL SICH ÄNDERN?
Mit dem Gesetzesentwurf, mit dem sich nun auch noch Bundesrat und Bundestag befassen müssen, soll die Stellung der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber den Unternehmern in mehreren Punkten verbessert werden.
VERTRAGSLAUFZEITEN
Ob fürs Fitnessstudio oder das Handy: Wenn Verträge eine Laufzeit von mehr als einem Jahr bis hin zu zwei Jahren haben, soll das künftig an zusätzliche Bedingungen geknüpft sein. Wirksam sind die Verträge demnach nur, wenn dem Kunden auch ein Angebot über die gleiche Leistung mit einer Laufzeit von einem Jahr gemacht wird – zu einem Preis, der den für den Vertrag mit der längeren Laufzeit im Monatsdurchschnitt um nicht mehr als 25 Prozent übersteigt.
Das soll die Wahlfreiheit der Verbraucher stärken und zugleich den Wettbewerb fördern. Es ist aber eine Abschwächung gegenüber einem früheren Gesetzesentwurf aus dem Justizministerium, der vorgesehen hatte, dass es generell eine Verkürzung der Höchstvertragslaufzeit von zwei Jahren auf zwölf Monate geben solle.
AUTOMATISCHE VERLÄNGERUNGEN
Verträge können dem Entwurf zufolge nur noch automatisch über drei Monate bis zu einem Jahr verlängert werden, wenn das Unternehmen die Kunden „rechtzeitig“ auf eine Kündigungsmöglichkeit hinweist. Ergänzt werden soll die Regelung durch eine verkürzte Kündigungsfrist: statt drei Monaten nur noch einer.
STROM- UND GASLIEFERVERTRÄGE PER TELEFON
Wenn Verbraucher bei solchen Energieverträgen außerhalb der Grundversorgung telefonisch einen Vertrag abschließen, kommt dieser dem Gesetzesentwurf zufolge nur wirksam zustande, wenn Kunden ihre Vertragserklärung auch in Textform abgeben, also etwa per E-Mail. Laut Justizministerin Lambrecht soll das Verbrauchern die Gelegenheit verschaffen, „in aller Ruhe zu prüfen, ob sie ihren Energielieferanten oder ihren Vertrag wirklich wechseln möchten“.
TELEFONWERBUNG
Bereits jetzt gilt, dass es Telefonwerbung nur nach einer vorherigen Einwilligung der Kunden geben darf. Zur Eindämmung unerlaubter Telefonwerbung sollen Unternehmen zusätzlich verpflichtet werden, solche Einwilligungen zu dokumentieren und aufzubewahren. Ansonsten droht ihnen laut Lambrecht ein „saftiges Bußgeld“ – im Gesetzesentwurf werden hier bis zu 50.000 Euro genannt; bei Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung sind es bis zu 300.000 Euro.
WELCHE KRITIK GIBT ES?
Für die Unternehmen sind die beabsichtigten Änderungen mit mehr Aufwand und damit auch Kosten verbunden. Als Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft durch die Einführung von Informationspflichten wird im Gesetzesentwurf von einer Summe von rund 1,77 Millionen Euro pro Jahr ausgegangenen.
In der Debatte über das geplante Gesetz hatte die Wirtschaft zudem darauf verwiesen, dass längere Verträge den Unternehmen mehr Planungssicherheit verschaffen und auch für Verbraucher Vorteile bringen können – etwa bei der Höhe der monatlichen Raten für ein Smartphone, das es zu einem Handyvertrag dazu gibt.
Die Grünen-Fraktion kritisierte den Regierungsentwurf als unzureichend. Die mit einer weiterhin erlaubten maximalen Vertragslaufzeit von zwei Jahren für Handys, Streamingdienste oder Zeitungs-Abos „angeblich verbundenen Preisvorteile und Treuerabatte“ seien „pure Augenwischerei“, erklärte die verbraucherschutzpolitische Sprecherin Tabea Rößner. Zudem sei die nur auf Strom- und Gaslieferverträge beschränkte erforderliche Bestätigungspflicht bei Telefonverträgen „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“.