Die Beschwerde eines früheren Häftlings über ein in der Zellenwand angebrachtes Sichtfenster muss neu verhandelt werden. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hob laut Mitteilung vom Montag vorherige Gerichtsbeschlüsse auf, mit denen die Beschwerde des Manns verworfen worden war. Die Umstände hätten genauer geprüft werden müssen, argumentierten die Karlsruher Richter. (Az. 2 BvR 2194/19)
Der Kläger hatte zweieinhalb Monate lang in einer Gemeinschaftszelle mit fünf anderen Gefangenen gesessen. In die Wand war ein Fenster eingelassen, der Vorhang konnte aber nur von außen zu- oder aufgezogen werden, so dass das Personal hineinschauen konnte. Vor dem Landgericht Amberg beantragte der Mann, dies für rechtswidrig zu erklären.
Dieses wies den Antrag jedoch zurück mit der Begründung, dass die Privatsphäre nur geringfügig betroffen sei. Das Personal habe nur stichprobenartig hineingeschaut, der Häftling hätte sich in den Toilettenraum zurückziehen können. Zudem komme es in Gemeinschaftszellen oft zu Streit. Die Möglichkeit stichprobenartiger Einsichtnahme beuge Flucht- und Suizidversuchen sowie Übergriffen vor.
Der Mann legte Rechtsbeschwerde ein, die das Bayerische Oberste Landesgericht als unzulässig verwarf. Beide Beschlüsse hob das Bundesverfassungsgericht am 9. Dezember aber auf. Das Landgericht hätte genauer nachforschen müssen, begründete es seine Entscheidung.
So habe es etwa nicht aufgeklärt, wie oft durch das Fenster geschaut wurde und ob es dazu jeweils einen Anlass gab. Auch sei es dem Vorwurf des Klägers nicht nachgegangen, dass die Häftlinge das Gefühl gehabt hätten, ständig beobachtet zu werden und dass auch andere Gefangene hätten hineinsehen können.
Das Oberste Landesgericht wiederum hätte die Entscheidung der Vorinstanz aufheben müssen, da an der Vereinbarkeit mit Grundrechten des Klägers erhebliche Zweifel bestünden. Das Amberger Landgericht muss sich nun erneut mit der Sache befassen.