Nach der Vorlage des Haushaltsabschlusses 2020 hat die Opposition der positiven Einschätzung des Bundesfinanzministeriums widersprochen. Dass die Neuverschuldung geringer ausfalle als erwartet, liege auch daran, dass viele Unternehmen noch immer nicht die Corona-Novemberhilfen bekommen hätten, sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. „Auch wenn die wirtschaftliche Lage besser ist als gedacht, stecken tausende Betriebe gerade in einer schweren Krise, und das hat auch der Finanzminister zu verantworten.“
Es bringe nichts, „Unmengen an Geld ins Schaufenster zu stellen, wenn es nicht dort ankommt, wo es gebraucht wird“, sagte der FDP-Haushaltsexperte. „Besser wären zielgerichtete Hilfen über die Finanzämter.“
Der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler erklärte, die geringere Neuverschuldung sei „kein Grund zum Jubeln“. Auch er wies darauf hin, dass die Corona-Hilfen „nur schleppend bei den Unternehmen ankommen“. Viele Unternehmen hätten diese Hilfe noch nicht in Anspruch nehmen können – wegen zu viel Bürokratie, langen Bearbeitungszeiten und einem „Wirrwarr an Regeln“. Auch bei den Investitionen sei 2020 „deutlich weniger passiert, als angekündigt“, kritisierte Kindler.
Der Haushaltsabschluss zeige zudem, „dass die Coronapolitik eine soziale Schieflage“ habe. Es hätte den Raum im Haushalt gegeben, um einen zeitlich begrenzen Krisenaufschlag für Hartz-IV-Bezieher zu finanzieren, erklärte Kindler. Die Bundesregierung habe sich aber „bewusst gegen eine Unterstützung der Ärmsten in der Gesellschaft entschieden“. Wenn jetzt die Pflicht für medizinische Masken im Personennahverkehr und in Geschäften bundesweit komme, „dann braucht es diesen Aufschlag dringend“.
Der Bund hat im Corona-Krisenjahr 2020 weniger neue Schulden aufnehmen müssen als erwartet: Die Nettokreditaufnahme belief sich auf 130,5 Milliarden Euro, wie aus dem vorläufigen Haushaltsabschluss des Bundesfinanzministeriums hervorgeht. Das waren 87,3 Milliarden Euro weniger als in den Nachtragshaushalten vorgesehen. Insgesamt gab der Bund 443,4 Milliarden Euro aus – bei Einnahmen von 313 Milliarden Euro.
Damit fielen die Einnahmen höher und die Ausgaben niedriger aus als in den Nachtragshaushalten veranschlagt. Denn vorgesehen waren ursprünglich Ausgaben in Höhe von 508,5 Milliarden Euro und Einnahmen von 290,8 Milliarden Euro.