Kommende Woche geht es am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wieder einmal um den Dieselskandal. Am Montag verhandelt das Gericht zwei Klagen von Gebrauchtwagenkäufern, die Schadenersatz vom Volkswagen-Konzern fordern. Die Fälle unterscheiden sich in einem wichtigen Aspekt: dem Zeitpunkt des Autokaufs. (Az. VL ZR 505/19 und VI ZR 513/20)
Einer der Kläger kaufte seinen Wagen, einen gebrauchten Audi A6 Avant, im Mai 2015 – also bevor der Dieselskandal bekannt wurde. Audi ist eine Konzerntochter von VW. Im September 2015 machte VW öffentlich, dass es bei bestimmten Dieselautos eine illegale Abschalteinrichtung nutzte. Sie bewirkte, dass die Abgasreinigung nur im Laborbetrieb korrekt funktioniert, die Stickoxid-Grenzwerte beim normalen Fahren auf der Straße aber überschritten wurden.
Das Unternehmen wurde vom Kraftfahrtbundesamt dazu verpflichtet, bei den betroffenen Autos ein Software-Update aufzuspielen. Der Kläger ließ dies bei seinem Wagen im Juli 2016 machen. Vor Gericht forderte er dann den Ersatz des Kaufpreises von Audi.
In den Vorinstanzen bekam er größtenteils Recht. Das Landgericht Halle gab der Klage statt, das Oberlandesgericht Naumburg wandelte das Urteil in der Berufung leicht ab und zog einen Teil der Summe ab, weil der Kläger das Fahrzeug genutzt hatte.
Der zweite Kläger kaufte sein Auto, einen gebrauchten VW Touran, im Mai 2016. Das war nach Bekanntwerden des Dieselskandals. Er bemängelt, dass die Rückführung der Abgase auch nach dem Software-Update unzulässig sei. Konkret geht es um das sogenannte Thermofenster: Die Abgasreinigung wird bei niedrigen Temperaturen zurückgefahren.
Vor dem Landgericht Stuttgart bekam der Kläger Recht, das Oberlandesgericht wies seine Klage in der Berufung jedoch ab. Da VW schon vor dem Kauf über den Dieselskandal informiert habe, sei eine besondere Verwerflichkeit des Handelns hier nicht mehr gegeben, hieß es. Auch das Kraftfahrtbundesamt und das Bundesverkehrsministerium werteten das Software-Update als rechtskonform.
Schon vor diesen Verhandlungen hat der BGH mehrmals über den Dieselskandal verhandelt. Im Mai 2020 entschied er in einem Grundsatzurteil, dass VW Käufern manipulierter Dieselautos, in denen die illegale Abschalteinrichtung verwendet wurde, grundsätzlich Schadenersatz zahlen muss.
Im Dezember 2020 urteilte er allerdings, dass viele Tausende der in Deutschland anhängigen Klagen gegen VW bereits verjährt sind. Das gilt dann, wenn Käufer erst nach 2018 Klage erhoben, obwohl sie schon 2015 wussten, dass ihr Auto betroffen ist.
Im Januar dieses Jahres dann veröffentlichte der BGH erstmals eine Entscheidung zum Thermofenster, allerdings bei einem Mercedes. Darin hieß es, dass der bloße Einbau eines Thermofensters keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründe – dafür hätten die Verantwortlichen bewusst eine unzulässige Abschalteinrichtung verwenden und den Gesetzesverstoß „billigend in Kauf“ nehmen müssen. Ob das in dem konkreten Fall so war, muss das zuständige Oberlandesgericht noch entscheiden.
Wann nach den Verhandlungen vom Montag Beschlüsse verkündet werden, ist noch nicht bekannt.