Der Chefermittler im Komplex der sogenannten Göhrde-Morde im Jahr 1989 hat sich mit einem Eilantrag vor dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht auf einen Aufschub seines Ruhestands durchgesetzt. Die zuständige Polizeidirektion müsse den Ruhestand des Beamten „längstens bis zum 28. Februar 2022“ hinausschieben, entschied das Gericht in Lüneburg laut einer Mitteilung vom Mittwoch. Der 62-Jährige verfolge mit seinem Eilantrag das Ziel, die Ermittlungen um die Göhrde-Morde zu Ende zu führen.
Im Juli 1989 hatte der Fund zweier bereits stark verwester Leichen im Staatsforst Göhrde östlich von Lüneburg für großes Aufsehen gesorgt. Es handelte sich um ein Ehepaar aus Hamburg. Ausgerechnet an dem Tag, an dem die Polizei den Fundort der Leichen im Staatsforst Göhrde untersuchte, tötete der Täter in lediglich 800 Metern Entfernung ein weiteres Paar.
Zum Hauptverdächtigen in dem Fall wurde nach vielen Ermittlungspannen der Friedhofsgärtner Kurt-Werner Wichmann. Auf dem Anwesen des verurteilten Vergewaltigers fanden die Ermittler 1993 Waffen, Schalldämpfer, Handschellen mit Blut und ein vollständig vergrabenes Auto.
Doch Wichmann erfuhr von der Durchsuchung und tauchte unter. Nachdem er einen Autounfall verursacht hatte, wurde er 1993 zwar verhaftet, beging aber wenige Tage später in Untersuchungshaft Suizid.
Die Ermittlungen wurden eingestellt, Beweismittel wurden vernichtet. Jahrelang standen die Ermittlungen daraufhin still, auch das Verschwinden einer damals 41-jährigen Unternehmergattin im Sommer 1989 wurde nicht mit Wichmann in Verbindung gebracht.
Erst 2015 kam wieder Bewegung in den Fall. Auf den bei Wichmann gefundenen Handschellen wurde das Blut von Meier nachgewiesen. Nach neuen Ermittlungen war sich die Polizei 2016 sicher, dass Wichmann auch diese Frau getötet hatte.
Offen blieb die Frage nach möglichen Mittätern Wichmanns. In der Nacht, in der Meier verschwand, hörten Zeugen das Geräusch eines laufenden Motors, möglicherweise wartete ein Komplize. Außerdem wurden die Autos der Opfer nach den Taten noch bewegt.
Mit dem Lüneburger Urteil bliebe dem Leiter der Ermittlungsgruppe Göhrde nun ein weiteres Dienstjahr, um offenen Fragen zu klären. Ob er aber ab seinem regulären Renteneintritt am 1. März 2021 weiter mit den Ermittlungen betraut werde, liege im Ermessen der Polizeidirektion.