EU-Corona-Wiederaufbaufonds: Hunderte Milliarden Euro für Investitionen und Reformen

Europäische Union - Bild: Mauro Bottaro
Europäische Union - Bild: Mauro Bottaro

Das EU-Parlament debattiert am Dienstag abschließend über das Kernstück des Corona-Wiederaufbaufonds. Die Milliardenhilfen der EU für Investitionen und Reformen in den Mitgliedstaaten stehen anschließend ein letztes Mal zur Abstimmung. Bei einem wie erwartet positiven Votum wäre der Weg frei, die Regierungen der EU-Länder könnten dann die Freigabe der Mittel beantragen.

Volumen und Finanzierung

Die EU-Staaten hatten sich darauf verständigt, zusätzlich zum eine Billion Euro schweren Gemeinschaftshaushalt für die nächsten sieben Jahre einen Fonds zur Bewältigung der Corona-Krise im Umfang von 750 Milliarden Euro aufzulegen. Kern des Vorhabens ist die mit 672,5 Milliarden Euro ausgestattete Aufbau- und Resilienzfazilität.

312,5 Milliarden Euro davon sollen in Form von Zuschüssen fließen, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die restlichen 360 Milliarden sind als Kredite geplant – nach EU-Angaben ist das Interesse der Mitgliedstaaten daran bislang deutlich niedriger.

Das Geld nimmt die EU-Kommission im Namen der Mitgliedstaaten an den Finanzmärken auf. Die Schulden sollen bis 2058 abgetragen werden.

Neue EU-Abgaben

Um höhere EU-Beiträge der Mitgliedstaaten zu verhindern, soll die Tilgung über neue EU-Einnahmen finanziert werden. Angedacht sind etwa eine Abgabe auf Plastikmüll ab diesem Jahr sowie eine Digitalsteuer und eine Einfuhrgebühr auf Produkte aus Drittstaaten mit geringeren Umweltauflagen bis 2023. Hinzu kommt eine Ausweitung des Emissionshandels etwa auf Luft- und Schifffahrt.

Nationale Ausgabepläne

Den Mitgliedstaaten stehen feste Anteile am Corona-Fonds zu, deren Freigabe sie in Brüssel beantragen müssen. Dafür erstellen sie nationale Ausgabepläne, in denen sie die Einhaltung der gemeinschaftlich festgelegten Vergabekriterien darlegen. Die Pläne sollen nach Angaben der Kommission bis Ende April vorliegen.

Die Ausgabepläne müssen anschließend noch vom Rat der Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden. Auf Druck einer Gruppe von Mitgliedstaaten um die Niederlande ist außerdem vorgesehen, dass einzelne Ausgabepläne auf Verlangen eines Landes noch einmal im Kreise der EU-Staats- und Regierungschefs diskutiert werden. Die Mittel können anschließend rückwirkend für Projekte ab Februar 2020 abgerufen werden.

Reformen, Klimaschutz und Digitales

Die Mitgliedstaaten sind dazu angehalten, die ihnen zustehenden Mittel für Investitionen in Zukunftsbereiche und für strukturelle Reformen aufzuwenden. Nach Angaben eines EU-Vertreters kommen die geforderten Reformen – zum Beispiel im Bereich Steuern oder am Arbeitsmarkt – in den bisher bekannten Plänen der Mitgliedstaaten zu kurz. Auch beim Klimaschutz muss demnach noch nachgebessert werden.

Die Vergabekriterien sehen vor, dass mindestens 37 Prozent der Mittel dem Klimaschutz und mindestens 20 Prozent der Digitalisierung zugute kommen. Außerdem dürfen Investitionen grundsätzlich nicht den umweltpolitischen Zielen der EU entgegenlaufen. Der Kommission schweben zum Beispiel umfassende Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel, Gebäudesanierungen und Wasserstoff-Projekte vor.

Rechtsstaatlichkeit

Der Streit darüber, ob EU-Mittel bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit gekürzt werden können, hatte die Einigung der Mitgliedstaaten für den Wiederaufbaufonds vergangenes Jahr wochenlang verzögert. Ungarn und Polen, die wegen rechtsstaatlicher Probleme seit Jahren in Brüssel am Pranger stehen, hatten zwischenzeitlich gedroht, das Vorhaben mit ihrem Veto platzen zu lassen.

Am Ende stimmten sie doch zu. Voraussichtlich wird sich aber der Europäische Gerichtshof noch mit dem vorgesehenen Rechtsstaatsmechansimus befassen müssen, bevor die Auszahlung von Mitteln tatsächlich unter Verweis auf die rechtsstaatliche Lage in einem EU-Land unterbunden werden könnte.

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