Greifswalder Forscher haben einen Mechanismus hinter der Entstehung von Blutgerinnseln im Gehirn nach Corona-Impfungen entschlüsselt. Ein Expertenteam um Andreas Greinacher fand heraus, dass ein vom Körper entwickelter Abwehrstoff Blutplättchen aktiviert, die dann ihrerseits eine Thrombose auslösen, wie die Universitätsmedizin Greifswald am Freitag berichtete. Die Blutplättchen verhalten sich dann vereinfacht gesagt wie bei einer Wundheilung, sie verklumpen und lösen Gerinnsel im Gehirn aus.
Vergleichbar ist das nach Angaben der Forscher mit einer bereits bekannten Komplikation bei der Gabe von Heparin – der heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT). Der Wirkstoff Heparin verhindert, dass das Blut im Körper gerinnt. Der Körper bildet selbst Heparin, es kann aber auch bei einer Therapie künstlich zugeführt werden.
Das Labor der Greifswalder Forscher konnte diesen HIT-Mechanismus bei vier Patienten mit einer Hirnvenenthrombose nach einer Astrazeneca-Impfung nachweisen. Wie bei der klassischen heparininduzierten Thrombozytopenie treten diese Antikörper demnach vier bis 16 Tage nach der Impfung auf. Die Forscher schließen aber nicht grundsätzlich aus, dass es auch andere Ursachen geben könnte.
Grippeähnliche Symptome wie Gelenk-, Muskel- und Kopfschmerzen, die über einen oder zwei Tage nach der Impfung anhalten, stellen demnach eine häufige Nebenwirkung dar und sind kein Anlass zur Besorgnis, schreibt die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) in einer aktuellen Stellungnahme. Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Sehstörungen, die länger als drei Tage nach der Impfung oder dann neu aufträten, sollten indes ärztlich abgeklärt und das Blutbild untersucht werden.
Die Greifswalder Forscher entwickelten ein Testverfahren, um die auslösende Ursache von Hirnvenenthrombosen nachzuweisen. Dabei werden Betroffene erkannt, allerdings keine Risikopatienten. Patienten könnten zudem durch die Gabe von hochdosierten intravenösen Immunglobulinen (IVIG) behandelt werden. Die Ergebnisse sind noch nicht wissenschaftlich geprüft.
In Deutschland und in anderen Ländern hatten mehrere Fälle von Blutgerinnseln im Gehirn, sogenannte Sinusvenenthrombosen, zur Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen geführt. In Deutschland wurden demnach bisher 13 Fälle gemeldet. Es handelt sich um zwölf Frauen und einen Mann im Alter von 20 bis 63 Jahren auf. Bei den Patienten lag neben der Thrombose ein deutlicher Mangel an Blutplättchen vor.
Die Europäischen Arzneimittelbehörde hatte am Donnerstag erklärt, der Nutzen des Astrazeneca-Impfstoffs beim Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung überwiege „mögliche Risiken“. Einen Zusammenhang zwischen Impfungen und seltenen, aber gefährlichen Blutgerinnseln im Gehirn konnte die Behörde aber „nicht endgültig“ ausschließen. In Deutschland wird jetzt Astrazeneca weiter verimpft.