Menschen mit geringen Einkünften müssen keinen Wohngeldantrag stellen, um aus dem Sozialhilfebezug zu kommen. Sie können sich auch für die Sozialhilfe entscheiden, etwa um so Zugang zu vergünstigten Kultur- und Nahverkehrstickets zu bekommen, wie am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied. (Az: B 8 SO 2/20 R)
Es gab damit einem Altersrentner aus Berlin recht. Diesem reichte seine Rente nicht aus, mit Wohngeld wäre er aber über das Sozialhilfeniveau gekommen. Dennoch beantragte er 2016 nicht Wohngeld, sondern Sozialhilfe.
Grund war insbesondere der Berlinpass. Dieser ermöglicht den Kauf einer Monatskarte für den Nahverkehr für heute nur 27,50 statt regulär 86 Euro. Zudem gibt es stark ermäßigte Kulturtickets und freien Eintritt zu verschiedenen Freizeiteinrichtungen. Auch in mehreren anderen Städten gibt es ähnliche Vergünstigungen für Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger.
Seit Februar 2018 wird der Berlinpass auch an Bezieher von Wohngeld ausgegeben. Sozialhilfeempfänger haben aber auch andere Vorteile. So müssen sie in der gesetzlichen Krankenversicherung keine Zuzahlungen leisten. Auch vom Rundfunkbeitrag sind sie automatisch befreit, während Wohngeldempfänger hierfür oder auch für die Erstattung einer Heizkostennachzahlung rechtzeitig einen Antrag stellen müssen.
Das BSG entschied nun, dass Betroffene Sozialhilfe statt Wohngeld beantragen können, um solche Vorteile zu erhalten. Das Sozialamt darf dann nicht auf einen angeblichen Vorrang des Wohngeldes verweisen. Zwar sei die Sozialhilfe als letztes und gegenüber anderen Leistungen daher nachrangiges Netz gedacht. Dies führe aber nicht zur Pflicht Betroffener, hier das Wohngeld zu beantragen.